Heimat und Familie

Boljen

Jubiläum in der Albersdorfer Wassermühle

   www.deutschlandreise.de

Wer sich über die in Dithmarschen gelegene Gemeinde Albersdorf informieren will, erfährt unter www.deutschlandreise.de, dass der Ort nur sechs Meter über dem Meeresspiegel liegt und 3600 Einwohner hat. Dazu erfährt der Internet-Benutzer unter dieser Adresse in aller Kürze noch folgendes:

„Wasser und Wald bestimmen das Bild vom Luftkurort Albersdorf. Ein herrlicher Park mit hohen Bäumen, schattigen Nischen und Ruhebänken, sowie der Mühlenteich mit seiner
Fischtreppe tragen weiter zu dieser Bilderbuchlandschaft bei. Ob Natur oder Kultur, Sport oder Unterhaltung, Albersdorf hat ein rundes Angebot.
Wandern, Radfahren, Reiten, Schwimmen im herrlichen Freizeitbad am Wald und Kneippen.
Sehenswert sind das Archäologisch-Ökologische Zentrum Albersdorf mit den vorgeschichtlichen Stätten und dem großen Brutkamp-Stein aus der Jungsteinzeit, das in den nächsten Jahren zum großen "Steinzeitpark AÖZA" ausgebaut wird, die Wassermühle aus dem 16. Jahrhundert und die Freilichtaufführungen auf der Albersdorfer Waldbühne im Kurpark.“

Innerhalb dieses kurzen Textes taucht die alte Mühle zweimal auf. Einmal ist vom Mühlenteich die Rede und dann von der Wassermühle „aus dem 16. Jahrhundert“.

Die Albersdorfer Wassermühle und ihre Besitzer

Am 4. Juni 1750 wurde über die Wassermühle der im Anhang 1 wiedergegebene Vertrag geschlossen.

Detlef Rolfs aus Oesterade verkauft die Albersdorfer Wassermühle an Johann Wilhelm Boljen aus Albersdorf. Dem Vertrag kann entnommen werden, dass Boljen bereits mindestens seit 1747 Pächter der Mühle und der zugehörigen Katenstelle war. Damals war die Mühle das Wichtigere, die Katenstelle eher ein Anhängsel. Später wuchs der landwirtschaftliche Anteil auf die Größe einer Hufe und darüber hinaus. Die Mühle wurde mehr und mehr zur Nebensache und heute ist sie - zwar noch betriebsbereit – nur noch ein Ausstellungsstück. Die heutige Familie Boljen lebt von der Landwirtschaft.

Die Vorgänger des Verkäufers

Über die Vorgänger des Verkäufers Detlef Rolfs können folgende Angaben gemacht werden:

Die Unterlagen in der Mühle bzw. bei der Familie Boljen geben zunächst Auskunft über Johann Tecklenburg, der bis 1639 auf der Mühle saß. Aus dem Gildebuch wird zitiert: „Johann Tecklenburg wegen seiner Mühlen die halbe Bede“.

Auf ihn folgt sein Sohn, ebenfalls Johann Tecklenburg.

Hinrich Runge wird als nächster auf der Mühle genannt. Auch für ihn gibt es den Hinweis auf eine „halbe Bede“. Am 2. November 1693 heiratet er die Witwe seines Vorgängers. Er scheint nicht lange auf der Mühle gewesen zu sein. 1705 finden wir ihn als Müller in Bunsoh und 1707 als Müller in Schafstedt.

Runges Nachfolger heißt Jacob Thießen, der am 30. Oktober 1701 die Tochter von Johann Tecklenburg heiratete. Vielleicht war Runge nur so etwas wie ein Setzwirt. Jakob Thießen heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau ein zweites Mal und nach seinem eigenen Tod im Jahr 1718 heiratet seine Witwe am 28. Januar 1720 Claus Otte aus Tellingstedt.

Claus Otte ist der nächste Inhaber der Mühle.

Nach ihm finden wir dort Marx Strufe, als „Müller auf der Mühle“ 1727 dort genannt. Er kann auch ein Bediensteter (Verwalter?) von Claus Otte und dessen Nachfolger gewesen sein.

Mit Jacob Rolfs tritt zum zweiten Mal der Fall ein, dass zunächst ein Nachfolger die Witwe des Vorgängers heiratet und danach dessen Nachfolger die Tochter. Rolfs heiratet am 10. November 1726 Gretje Thießen, die Tochter von Jakob Thießen.

Auf ihn folgt sein Sohn Detlef Rolfs, der die Mühle an Johann Wilhelm Boljen verkauft.

Seit 250 Jahren die Familie Boljen

Der 1708 geborene Johann Wilhelm Boljen kaufte die Mühle 1750. Vorher war er dort schon Pächter. Er heiratete 1745 die Tochter des Besitzers der Schafstedter Wassermühle, Antje Groot. Von seinem Schwiegervater wird er das Mühlengeschäft gelernt haben, denn er selbst war jüngerer Bauernsohn aus Westerwohld. Sein Bruder Johann Hinrich, der ebenfalls Vorfahr der heutigen Boljen ist, hatte die väterliche Bauernstelle.

Johann Wilhelm Boljen musste seine erste Frau bereits sechs Jahre nach dem Ankauf der Albersdorfer Mühle zu Grabe tragen. In zweiter Ehe heiratete er Trine Margaret Mehrens aus Albersdorf, die 24 Jahre jünger war als er selbst. Von ihr stammen die heutigen Boljen ab.

Der derzeitige Besitzer des Hofes Wassermühle heißt wieder Johann Wilhelm Boljen. Er wurde 1951 geboren, heiratete 1978 Elsbeth Bielfeldt aus Bargen. Die Eheleute Boljen haben zwei Söhne, Marten und Behrendt Boljen. Zwischen den beiden Johann Wilhelm Boljen (dem Gründer und der heutigen Generation) gab es fünf Generationen:

2. Johann Wilhelm Boljen 1769 bis 1849
3. Johann Wilhelm Boljen 1817 bis 1885
4. Claus Hinrich Boljen     1869 bis 1950
5. Johann Walter Boljen    1894 bis 1958
6. Johann Wilhelm Boljen 1921 bis 1983

Heute lebt auf der Wassermühle die siebente Generation. Marten Boljen, der im Jubiläumsjahr konfirmiert wird und sein jüngerer Bruder Behrendt sind dann die achte Generation. Die Ahnenliste der beiden Brüder ist in Anhang 2 wiedergegeben.

Besonderes zur Familie Boljen
Ein Landesgevollmächtigter

Der oben erwähnten Betriebsinhaber in der dritten Generation der Boljen, der 1817 geborene Johann Wilhelm Boljen, war bis 1874 offenbar nur der jüngere von zwei Brüdern auf der Mühle. Der ältere von den beiden - Claus Hinrich wurde schon 1809 geboren – ist im öffentlichen Leben hervorgetreten. So war er u.a. Landesgevollmächtigter für den Bereich Albersdorf. Claus Hinrich starb 1874 unverheiratet und kinderlos, Johann Wilhelm übernahm die Mühle allein und auf ihn gehen die heutigen Boljen auch zurück.

Eine Lebensrettungsmedaille

Der Großvater des heutigen Inhabers der Wassermühle, der 1894 geborene Johann Walter Boljen, rettete als junger Mann vermutlich einem Menschen das Leben. Unter dem 12. Februar 1912 wurde ihm „die Rettungsmedaille am Bande“ verliehen. Laut der bei den Familienunterlagen vorhandenen Urkunde hatte „seine Majestät geruht“, ihm die Medaille zu verleihen.

  Im Jahr 1892 zweimal Boljen

In der vierten Boljen-Generation auf der Wassermühle finden wir mit der Ehefrau des bereits erwähnten Claus Hinrich Boljen eine Frau, bei der auch der Geburtsname Boljen ist. Auf den ersten Blick könnte man hier eine der früher so zahlreichen Ehen innerhalb der Verwandtschaft vermuten. Tatsächlich ist der Verwandtschaftsgrad der beiden aber so entfernt, dass man sich dieser Verwandtschaft bei verschiedenen Namen sicherlich nicht einmal bewußt gewesen wäre. Der Generationenabstand ist um vier Schritte größer als bei Vetter und Cousine, der Verwandtschaftsgrad damit nur gut 6% von dem bei Vetter und Cousine. Im einzelnen kann das im Anhang 2 nachgesehen werden.

Zwei Impfscheine aus den Jahren 1869 und 1881

Bei den Familienunterlagen befinden sich für den eben genannten Claus Hinrich Boljen zwei Impfbescheinigungen mit den Daten 3. August 1869 und 2. Juli 1881. Claus Hinrich war bei der ersten Impfung ein halbes Jahr alt. Zu dem Zeitpunkt der zweiten Impfung war er 12 Jahre alt, früher das typische Alter für die zweite Pockenimpfung. Er wurde, wie es auf der Bescheinigung heißt, „zum ersten Mal wiedergeimpft“. Obgleich eigenartigerweise auf der zweiten Bescheinigung nicht steht, gegen welche Krankheit geimpft wurde, kann es sich nur um die Pocken gehandelt haben. Auf der ersten Bescheinigung findet sich ein Hinweis auf die „ächten Schutzblattern“. Und aus dem Hinweis auf der zweiten Bescheinigung, dass Claus Hinrich Boljen damit der „gesetzlichen Pflicht genügte“, läßt sich indirekt schließen, dass es damals für keine andere Krankheit eine gesetzliche Impfverpflichtung gab.

Ein Wehrdienst Leistender erteilt eine Generalvollmacht

Claus Hinrich Boljen kam früh in die Verantwortung. Sein Vater starb, als er gerade 16 Jahre alt geworden war. Als Claus Hinrich 1890 Soldat in Hannover war, erteilte er dort – 21 Jahre alt - als „Landmann und Müller“ eine Generalvollmacht für den Hofbesitzer Peter Detlef Rathjen in Wennbüttel, obgleich seine eigene Mutter erst 43 Jahre alt war und damit auf nach heutigen Maßstäben nicht nachvollziehbare Weise beiseite geschoben wurde. Zur damaligen Zeit war ein solcher Vorgang aber nichts Besonderes, es war vielmehr selbstverständlich. Peter Detlef Rathjen gehörte zu den Mitunterzeichnern des Testamentes des Vater von Claus Hinrich, das dieser am 12. März 1885 – einen Monat vor seinem Tod – errichtete