Heimat und Familie

Alte Familien im Kirchspiel Erfde

Vorbemerkungen

Die Maria-Magdalenen-Kirche zu Erfde entstand gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Sie hat einen Anbau aus dem 17. Jahrhundert. In der Kirche und auf dem sogenannten "Alten Friedhof", der die Kirche als schöne Anlage umgibt, finden sich zahlreiche Gegenstände, die Zeugnis von den Vorfahren der meisten heute im Kirchspiel Erfde ansässigen Familien geben. Nicht zuletzt die Grabsteine - überwiegend aus dem 19. und 20. Jahrhundert - sind eine reichhaltige Quelle mit Daten über die Menschen, von denen wir abstammen. Aber auch ältere Grabtafeln bis zurück ins 17. Jahrhundert finden wir. In der Kirche gibt es Inschriften an verschiedenen Stellen, an der Orgelempore, am Altar, an der Kanzel, auf Epitaphen und auf Bildern, unter denen das Bild von Pastor Clodius besondere Bedeutung hat. Und die meisten dieser Inschriften geben Zeugnis von leiblichen Vorfahren heute lebender Menschen. Kirche und Friedhof sind eine Fundgrube für den Heimatforscher und speziell für den Familienforscher. Das gilt in noch größerem Maße für die Kirchenbücher, die allerdings in Erfde nicht älter als aus dem Jahr 1768 sind, weiter zurück geht hier nur das Familienbuch von Pastor Rode.

So ist es möglich, für mehr als 700 heutige Bewohner des Kirchspiels Familienverbindungen aufzuspüren, die über 300 Jahre zurückführen. Sie führen zu 35 Männern, die vor mehr als 300 Jahren geboren wurden, und die in Bargen, Erfde, Scheppern und Tielen gelebt haben. In der nachstehenden Liste von mehr als 700 Personen unseres Jahrhunderts finden sich nur einige wenige nicht mehr lebende Personen. Ein solcher Fall ist Numme Numsen, der, obgleich schon 1945 gestorben, wegen seiner besonderen Bedeutung als Schriftsteller aufgenommen wurde. In einigen anderen Fällen sind Personen während der Bearbeitungszeit dieses Aufsatzes verstorben, ich habe sie dann nicht wieder gestrichen.

Wegen der besonderen Verbindung der Familie Rief/Erfderdamm zu Erfde habe ich auch diese Familie aufgenommen, obgleich Erfderdamm nicht zum Kirchspiel Erfde gehört.

Die nachfolgenden Listen sind leider noch unvollständig. Ihre Bearbeitung mußte bei Redaktionsschluß des Gesamtwerkes abgebrochen werden. Vielleicht wird eine solche Arbeit auch nie ganz fertig. Wer noch Ergänzungen mitteilen kann, wird nachdrücklich gebeten, dies zu tun. Das gilt auch für die Korrektur von Fehlern, von denen es sicherlich einige gibt und für die gleichzeitig um Verständnis gebeten wird. So habe ich die meisten Geburtstage durch viele telefonische Anrufe bei den betreffenden Familien erfragt, allein dabei wird es Hörfehler auf meiner Seite oder auch die eine oder andere nicht ganz richtige Auskunft gegeben haben.

Das Bild von Pastor Clodius aus dem 17. Jahrhundert und die Kanzel, ein weiteres Zeichen von Clodius

Seitlich vom Altar befindet sich ein lebensgroßes Ölgemälde aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, das den Pastor Christopher Clodius zeigt. Clodius war von 1617 bis 1672 Pastor in Erfde, die letzten 12 Jahre zusammen mit Thomas Theeje, seinem Nachfolger. Das Bild wurde 1884 restauriert und erneut im Jahr 1989/90 u.a. mit Mitteln, die unter Clodius' Nachkommen gesammelt worden waren.

Clodius' Vater Matthias Clodius war Generalsuperintendent in Itzehoe gewesen und sein Bruder Friedrich Philipp Pastor in Hohenfelde bei Itzehoe. Von den Brüdern Christopher und Friedrich Philipp gibt es heute eine zahlreiche Nachkommenschaft, von dem einen hauptsächlich in Stapelholm, von dem anderen in den Elbmarschen. Stammvater aller heutigen Nachkommen Christophers ist sein vermutlich einziger Sohn Matthias, der Kätner in Erfde war und für die hier vorliegende Darstellung einer der "35" Männer ist.

An Christopher Clodius erinnert in Erfde auch die Inschrift an der Kanzel aus dem Jahre 1635.

Der Altar und dazu außerhalb der Kirche der "Hasche-Stein"

Der Altar stammt aus der Zeit um 1670 und wird dem Umkreis Hans Gudewerdts des Jüngeren zugeschrieben. Auf dem alten Stipes sehen wir einen reichbeschnitzten Knorpelbarock-Aufbau mit gedrehten Säulen, mit Gemälden der Anbetung Christi und des Abendmahls sowie den Figuren des Salvators, Johannes des Täufers, Mosis und der vier Evangelisten.

Hans Hasche

Rechts über dem Apostel Markus ist ein springender Hirsch im Wappen mit der Unterschrift "H(ans) Hasche" zu sehen. Aus der Zeit des 17. Jahrhunderts kommen theoretisch mehrere Träger dieses Namens in Betracht, nach dem Deutschen Geschlechterbuch von 1906 soll es der ca. 1550 geborene Hans Hasche als Stifter des Altars gewesen sein. Dieser starb aber bereits um 1615 und paßt deshalb nicht zu den übrigen Zeitangaben, die über den Altar gemacht werden. Wir sind in der glücklichen Lage, durch eine zweite Namensinschrift eine relativ genaue Datierung vornehmen zu können. Über dem Apostel Matthäus finden wir nämlich den Namen des bereits erwähnten Pastors Thomas Theeje, der von 1660 bis 1680 Pastor in Erfde war. Und dazu passen eigentlich nur zwei Hasches, nämlich Hans Hasche, der von 1663 bis 1673 Kirchspielsvogt war, und Hans Schulz Hasche, der von 1673 bis 1680 Kirchspielsvogt war. Wahrscheinlich geht es um den ersten der beiden.

Der "Hasche-Stein"

An der Nordseite der Kirche lehnt von außen an der Kirchenmauer eine große Grabplatte, die nach dem Tode der Witwe des Peter Hasche mit Namen "Wibe" hergestellt wurde. Sie starb am 19. Mai 1648, fünf Monate vor dem Ende des 30-jährigen Krieges.

Die Nachkommen der Hasches aus dem 16. und 17. Jahrhundert

Drei Männer mit dem Familiennamen Hasche und mit leiblichen Nachkommen bis in die heutige Zeit sind uns aus dem 17. Jahrhundert bekannt. Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß diese drei Stammväter miteinander verwandt sind. Vermutlich sind sie alle Nachkommen des um 1550 geborenen Hans Hasche, was aber nur für dessen Urenkel Henning Peter Hasche sicher nachgewiesen ist. Es sind die "35iger":

Hans Schulz Hasche geb. vor 1653
Henning Peter Hasche geb. vor 1658
Henning Hasche geb. vor 1690
Die Epitaphe "Rief" von 1605 und "Tolle" von 1597

Die großen Epitaphe in unseren Kirchen sind meist Zeugnisse von den bedeutendsten Familien ihrer Zeit. So können wir aus zwei Epitaphen in der Erfder Kirche ableiten, daß die Familien Tolle (auch Tollitz oder Tolletz geschrieben) und Rief an der Wende vom 16. zum 17.Jahrhundert im Kirchspiel Erfde eine führende Rolle spielten. Träger des Namens Rief gibt es heute noch bei uns. Die Familie Tolle ist hundert Jahre nach der Erstellung ihres Epitaphs im Mannesstamm ausgestorben. Über die letzten Namensträgerinnen dieser Familie, Lentje und Gretje Tolle - beide noch im 17. Jahrhundert geboren - , gibt es aber zahlreiche Nachkommen der Tolles bis in die heutige Zeit, eben nur mit anderen Namen.

Lentje Tolles Nachkommen

Lentje Tolle war verheiratet mit dem Erfder Bauern Sievert Sievers (geboren vor 1699 und einer der "35"). Die beiden sind Urgroßeltern der Brüder Sievert und Jakob Hasche. Die  zahlreiche Nachkommenschaft der beiden findet Zeugnisse der leiblichen Vorfahren in der Erfder Kirche nicht nur dort, wo es um den Namen Hasche geht, sondern auch am Tolle-Epitaph.

Gretje Tolles Nachkommen und die Verknüpfung mit den Riefs

Gretje Tolle war verheiratet mit Jakob Rief (geboren vor 1686 und ebenfalls einer der "35"), und so gab es eine Verbindung zwischen diesen damals so bedeutenden Familien und damit auch zwischen den beiden Epitaphen. Gretje Tolle und Jakob Rief wurden über ihre Söhne Sievert Rief  und Hans Rief Stammeltern der meisten  heutigen Rief (z.B. Erfde, Friedrichstadt, Tielen und Erfderdamm) und Vorfahren vieler weiterer heutiger Bewohner des Kirchspiels.

Die Orgelempore:  u.a. Frenzen, Hasche, Holm, Paulsen und  Rohde

Als die damalige Orgel der Erfder Kirche 1792 fertiggestellt wurde, wurden auch die Namen der Bauernvögte und Kirchenjuraten  als Inschriften auf der Orgelempore verewigt. Es waren die Bauernvögte Henning Hasche in Erfde, Klaus Rohde in Tielen und Jakob Holm in Bargen, sowie die Kirchenjuraten Jürgen Paulsen in Erfde, Christian Hinrich Lorentzen in Tielen und Frenz Henning Frenzen in Bargen. Fünf dieser sechs Personen haben Nachkommen bis in die heutige Zeit (ihre Großväter bzw. Urgroßväter gehören zu den "35"), nur für Christian Hinrich Lorenzen ist das nicht der Fall.

Die große "Kühl- und Hedemann - Grabplatte"

An der Ostseite der Kirche sind außen mehrere große Grabplatten angebracht, von denen eine für etliche Bewohner des Kirchspiels ein Zeugnis über leibliche Vorfahren darstellt. Sie erinnert an den Schiffer Mewes Kühl und seine Ehefrau Trinke sowie an Trinkes Eltern, Christopher Hedemann und dessen Frau Antje. Der Großvater von Mewes Kühl war Gosche Kühl (geboren ca. 1680), einer der "35" alten Bewohner des Kirchspiels. Über Mewes Kühl wird erzählt, er habe als Kapitän seines eigenen Schiffes den Leichnam des dänischen Königs Christian VII von Rendsburg nach Roskilde überführt, wo die Sarkophage der meisten dänischen Könige stehen. Der König war beim Herannahen napoleonischer Truppen in Rendsburg gestorben, mußte aber zunächst wegen der Kriegswirren "vorläufig" in der Rendsburger Christkirche aufgebahrt werden. Erst als die Zeiten wieder sicherer wurden, konnte er nach Roskilde überführt werden.

Die Kirchenbücher und das Familienbuch von Pastor Rode

Die Erfder Kirchenbücher wurden am 12. April 1768 beim großen Brand des Dorfes, dem auch das Pastorat zum Opfer fiel, vernichtet. Die Kirche konnte damals gerettet werden, obgleich der kleine Dachreiter bereits Feuer gefangen hatte. Der Dachreiter wurde gelöscht, so daß das Inventar der Kirche den Brand überstand.

Der Brand ist von dem damaligen Pastor Detlev Rode beschrieben worden, nachzulesen in der Chronik von Moritz. Rode war es auch, der eine für die familiengeschichtliche Forschung außergewöhnlich wichtige Leistung erbrachte. Er ging nach dem Wiederaufbau von Haus zu Haus und befragte die Bewohner nach ihren Familiendaten. Akribisch notierte er nach immer dem gleichen System zunächst den Namen des Hausherrn mit Geburtsdatum, dann dessen Eltern, danach die Eltern der Mutter des Hausherrn und dann die Eltern des Vaters des Hausherrn. Sodann kamen die Frau des Hauses mit Geburtsdaten sowie deren Eltern und Großeltern nach demselben System wie bei dem Hausherrn. Schließlich folgten die Kinder mit ihren Geburtsdaten. So haben wir für Erfde, Bargen und Tielen einen Einblick in die alten Familien, der besser ist als in manch anderem Dorf und in vielen Fällen in die Zeit vor 300 Jahren zurückweicht.

Bewohner des Kirchspiels aus der Zeit vor 300 Jahren

Die vorstehend beschriebenen Zeugnisse vermitteln Zugang zu 35 Bewohnern des Kirchspiels aus der Zeit vor 300 Jahren (mit ihren Ehefrauen sind es 70 Personen). In dem Buch

"Erfde/ Bargen" Einblicke in das Leben zweier Stapelholmer Dörfer  Husum Druck- und Verlagsgesellschaft  www.verlagsgruppe.de

habe ich eine Tabelle veröffentlicht mit der Überschrift "35 Einwohner des Kirchspiels Erfde vor 300 Jahren". Sie gibt Aufschluß über Namen und sonstige Daten der 35 "Ureinwohner". Mit einer weiteren  Tabelle in dem Buch habe ich gezeigt, wie 715 heute lebende Einwohner des Kirchspiels als Nachkommen der "35" nachgewiesen werden können, etliche unter ihnen sogar von mehreren der "35" Das sind bei einer heutigen Bevölkerung von 2400 Menschen etwa 30%.

Von den 35 "Ureinwohnern" stammen fünf aus Bargen, 17 aus Erfde, vier aus Scheppern und neun aus Tielen. Gemessen an den heutigen Bevölkerungszahlen erscheint Erfde damit unterrepräsentiert. In früheren Jahrhunderten hatte Erfde aber im Vergleich mit den übrigen Dörfern des Kirchspiels nicht so viel mehr Einwohner wie es heute der Fall ist. Erfde ist eben stärker gewachsen. Wen es stört, daß Ekel, Grevenhorst und Pahlhorn bei den "Ureinwohnern" gar nicht vertreten sind, sei darauf hingewiesen, daß es Ekel und Grevenhorst vor 300 Jahren als Siedlungen noch gar nicht gab und daß Pahlhorn noch Meierhof und nicht parzelliert war.

Sieben von den 715 heute lebenden Menschen mit Vorfahren unter den "Ureinwohnern" haben 21 der "35" als Vorfahren. Diese hohe Zahl wird manchen überraschen. Elf stammen von 20 Ureinwohnern ab. Wer mehr wissen will, muss meine Tabellen in dem Buch einsehen oder im Gästebuch eine Frage hinterlegen. Wenn die Antwort keine große Mühe macht, erfolgt sie kostenlos über E-Mail. Wenn der Aufwand größer ist und ich die Antwort nicht kostenlos abgeben kann, frage ich vorher  nach. Das kann z.B. dann auftreten, wenn "Butenerfder" eine Untersuchung für ihren speziellen Fall wünschen.

Übrigens, aus Sicht der "35" gibt es große Unterschiede in der Zahl der heute lebenden Nachkommen. Spitzenreiter ist Hans Bruhn aus Tielen, der vor 1673 geboren wurde, und von dem heute mehr als die Hälfte der "715" abstammt, nämlich 403 Personen. Diese 403 Personen könnten ein Treffen veranstalten und ihres gemeinsamen Vorfahren gedenken. An zweiter Stelle steht in dieser Hinsicht der vor 1658 geborene Kirchspielsvogt Henning Peter Hasche mit 393 heute im Kirchspiel lebenden Nachkommen. Der gesellschaftlich führende Mann seiner Zeit würde ebenfalls mehr als die Hälfte der "715" zusammen führen.