Nr. 3 vom 22. Januar 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gab einmal eine Zeit in Schleswig-Holstein, in der die Kulturlandschaft völlig anders aussah als heute. Praktisch völlig ohne Wald und weitgehend ohne Knicks. Das war vor 250 Jahren und, wenn man so will, im Falle der Knicks die Ewigkeit davor. Die Bauern bauten in der Mitte des 18. Jahrhunderts das Knicknetz aus einer Reihe von überwiegend ökonomischen Gründen. Und als diese Gründe dann wegfielen, geschah das, was normalerweise mit Bauwerken zu geschehen pflegt, die man nicht mehr braucht oder die gar im Wege stehen. Man begann, sie abzureißen.

Dann erkannte man den ökologischen Wert der Knicks und sie wurden unter Schutz gestellt. Der Gesetzgeber nahm sich ihrer an, allerdings nur in Form der Schutzparagraphen. Die wirtschaftlichen Nachteile und die Pflege blieben bei den Bauern; die Gesamtgesellschaft legte einer Gruppe eine Aufgabe auf, die als gesellschaftliche Aufgabe eigentlich auf alle Schultern hätte verteilt werden müssen. Die Bauern nahmen es gelassen hin, obgleich sie von ihrem Einkommen her für gesellschaftliche Sonderaufgaben eigentlich nicht besonders prädestiniert sind. Was sie allerdings ganz und gar nicht vertragen können, ist es, sich für Mängel in der Pflege der Knicks schelten zu lassen.

Bauern am Hamburger Stadtrand haben die Bereitschaft der Kritiker, selbst etwas zu tun, vor einigen Jahren näher getestet. Sie riefen zu einer Knickpatenschaft auf und hatten zunächst auch Erfolg. Eine der großen Naturschutzorganisationen rückte an, mit entsprechender Pressebegleitung versteht sich. Über mehrere Wochenenden ergab sich ein reges Treiben mit einer durchaus respektablen Zahl von Knickpflegern. Das Ergebnis war dann aber eher ernüchternd. 250 Meter hatten sie geschafft. Das war es dann auch, eine Fortsetzung scheiterte an der mangelnden Bereitschaft. Ehefrauen sollen sich auch über Schwielen an den Händen ihrer Männer beklagt haben.

Ganz so verläuft es nicht immer. Manchmal gibt es noch Leute im Dorf, die Brennholz gut gebrauchen können und sich dafür ein Stück Knick "annehmen". Da wird dann auch wirklich etwas geschafft, aber an der Tatsache, dass man mit Idealismus in dieser Frage nur in sehr eingeschränktem Umfang rechnen darf, ändert auch das nichts. Was man häufiger antrifft, sind Leute, die sich um die "Knicks Sorge machen"; das ist eben nicht so anstrengend. Und Ratschläge geben diese Leute auch. Vor einiger Zeit war der NABU damit in mehreren Zeitungen, Überschrift: "NABU sorgt sich um die Knicks".

In diesem Fall waren die Pressemitteilungen, auch das trifft man nicht immer so an, in einem durchaus vernünftigen Ton gehalten. Die in der Landwirtschaft "gestiegene Arbeitsbelastung" durch den Strukturwandel wurde immerhin anerkannt. Die mitgelieferten Ratschläge waren jedoch nicht alle zu gebrauchen, wobei es auch unter Fachleuten einen Streit darüber gibt, was im Einzelfall richtig und was falsch ist. Die beste Messlatte für solche Auseinandersetzungen müsste es eigentlich sein, die traditionelle Knickpflege, wie unsere Vorfahren sie betrieben, zu kopieren. Früher wurde stets mit großer Akribie bis an den Knickfuß heran gepflügt, auf vielen Betrieben hielt man sich einen sogenannten Schwungpflug extra für diesen Zweck. Und denjenigen, die eine Abzäunung mit Stacheldraht im Abstand von einem Meter vom Knickfuß fordern, sei gesagt, dass es im 18. Jahrhundert noch gar keinen Stacheldraht gab. Die Abzäunung war der Knick selbst, eine seiner wichtigsten Funktionen in früheren Zeiten.