Nr. 6 vom 12. Februar 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Axel Graf v. Bülow, hatte zu einer Veranstaltung über die Zertifizierung von Holz eingeladen. "Die Waldbesitzer sollen jetzt nach 250 Jahren mit ihrer eigenen Erfindung belegt werden", so Carl-Eduard Graf v. Bismarck dabei zur nachhaltigen Nutzung, und Prof. Andreas Bitter aus Dresden sagte: Nachhaltigkeit ist in der deutschen Forstwirtschaft in Gänze gegeben. Bei der Zertifizierung geht es um Marketing. Nahtlos dazu passte die Anmerkung des Vertreters des Waldbesitzerverbandes, Claus Ratjen aus dem Aukrug: "Wenn wir alle zertifiziert sind, sind wir wieder so weit wie vorher, es hat nur in der Zwischenzeit eine Menge Geld gekostet."

Auch wenn die Zertifizierung unerwünscht ist, ohne sie wird es zukünftig wahrscheinlich nicht gehen. Der Markt will Logos sehen. Und Stefan Schardt aus Berlin machte es ganz deutlich. Es ist keineswegs der Verbraucher, der beim Einkauf das Logo sehen will. Die großen Handelsfirmen brauchen es für das Gesamtimage. Es geht also nicht um Qualität oder Herstellungsweise des einzelnen Holzproduktes, sondern darum, dass eine große Baumarktkette im Konkurrenzkampf mit der anderen großen Baumarktkette in der Frage Ökoimage nicht zurückhängen möchte. So ging es denn in der Tagung auch weniger um das "ob", sondern mehr um eine Diskussion darüber, welches der bereits vorhandenen Systeme am besten ist. FSC ( Forest Stewardship Council ) und PEFC (Paneuropäisches Forstzertifikat) waren die Stichworte. Es fiel sogar das Wort vom "Kampf der Systeme". Graf Bülow wies zwar darauf hin, dass es auch nach wie vor eine beachtliche Zahl von Gegnern jeglicher Forstzertifizierung gebe, die Tagung wurde aber im Kern zu einer Informationsveranstaltung, bei der es um die Abwägung dieser beiden Systeme ging. Von den privaten Waldbesitzern gut aufgenommen wurde deshalb der Vortrag des Vertreters der EU-Kommission, Christian Anz, der als einziger die Zertifizierung grundsätzlich in Frage stellte: "Vor dem Hintergrund eines Orkans mit Schäden von 30 Mio. m3 Holz gibt es deutlich andere Probleme als die Diskussion um verschiedene Zertifizierungssysteme."

In den großen Waldländern sind die beiden Systeme unterschiedlich stark vertreten, in Schweden dominiert FSC und in Finnland PEFC. In Deutschland wird PEFC von den meisten großen Landesforstverwaltungen und den meisten Landeswaldbesitzerverbänden favorisiert. Vom Deutschen Forstwirtschaftsrat und der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Waldbesitzerverbände wird es unterstützt. Als der Vertreter des FSC bei der Aufzählung der Argumente für sein System erwähnte, FSC sei als einziges von Greenpeace anerkannt, gab es ein Raunen im Saal. Unzufriedenheit gab es auch, als bekannt wurde, international gebe es beim FSC hier und da die Meinung, beim Deutschen Wald handele es sich um Plantagenwirtschaft. Die Deutsche Arbeitsgruppe von FSC – auch das wurde allerdings deutlich – tritt dem bei internationalen Treffen dieser Organisation entgegen.

Sehr aufschlussreich war im Rahmen der Abwägungsdiskussion ein Vortrag aus der Landesforstverwaltung von Nordrhein-Westfalen. Dort wird nämlich zurzeit ein Versuch mit der gleichzeitigen Anwendung beider Systeme durchgeführt. Es geht dabei um ein Modellprojekt im Bereich der Forstämter Paderborn, Bad Driburg und Lage, dessen Ergebnisse mit Spannung erwartet werden. Eines wurde jedenfalls in der Tagung schon deutlich: Bei einem Vergleich der Kosten geht es nicht in erster Linie um die unmittelbaren Kosten der Zertifizierung. Viel wichtiger sind die Kosten bzw. Mindererlöse aus den Bedingungen der Zertifizierungsrichtlinien. "Ob bei den direkten Kosten 0,20 oder 0,50 DM pro Hektar anfallen ist ziemlich unerheblich. Stärker ins Gewicht fällt, wenn es bei FSC z.B. 10% Nullnutzungsfläche gibt, wenn das Rücken des Stammholzes um 2,00 DM teurer wird oder ertagreichere Baumarten nicht mehr angebaut werden dürfen", so Claus Ratjen.