Nr. 8 vom 26. Februar 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Umweltminister Rainder Steenblock hat vor einigen Tagen ein Famila-Warenhaus in Kiel-Dietrichsdorf besucht und es dafür gelobt, dass es nicht nur nach dem Umweltmanagementsystem DIN ISO 14.001 zertifiziert ist sondern auch noch nach der EG-Umweltaudit-Verordnung validiert ist. Es mag ja sein, dass dies ein Grund ist, dass ein Minister sich ohne eigene Kaufabsichten in einen Supermarkt begibt. Unter der Überschrift "Europas erstes Famila-Warenhaus mit doppeltem Umweltaudit" wurde die Sache dann der Presse übergeben, es ist eben Wahlkampf. Und wenn das Warenhaus in Kiel-Dietrichsdorf der erste Famila-Laden mit einer solchen doppelten Zertifizierung ist, dann ist natürlich auch die Aussage richtig, dass es sich um Europas erstes Famila-Warenhaus handelt. Oder gibt es Famila auch außerhalb Europas?

Soweit kann man das Ganze noch einigermaßen ernsthaft betrachten. Den Rahmen einer ernst zu nehmenden Stellungnahme sprengte der Minister allerdings in dem Moment, als er davon sprach, dass das Famila-Warenhaus in Kiel-Dietrichsdorf fit für das Jahrtausend sei. Da stellt man sich denn doch die Einzelhandelsläden aus der Zeit des Ottos des Großen vor und fragt sich, wie die Einzelhandelsläden nach weiteren Tausend Jahren aussehen werden. Keiner von uns wird das zur Kenntnis nehmen können, aber Schilder mit dem Namen Famila werden am Ende des dritten Jahrtausends wohl kaum zu sehen sein. Es redet sich so leicht, und man meint die vielleicht ersten zwei Jahrzehnte des neuen Jahrtausends, spricht aber von "dem Jahrtausend".

Aus Sicht der Landwirtschaft könnte uns das Bisherige kalt lassen. Aber wenn Minister Steenblock irgendwo auftritt, fällt meist auch ein Ärgernis für die Bauern ab. In Dietrichsdorf hat er wieder die alte Platte der Polarisierung zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft gespielt. Niemand hat etwas dagegen, wenn er die Leute von Famila dafür lobt, dass sie die Vermarktung ökologischer Produkte verbessern wollen. Die Ökobauern unter den Berufskollegen können sich darüber freuen. Die unmittelbare Überleitung zu BSE-Fleisch, Dioxin in Butter oder Schweine- und Geflügelfleisch ist der Stein des Anstoßes. Er hat wieder einmal diese Reizworte als (einzige?) Alternative zur ökologischen Produktion verwendet.

Wie oft sollen wir es ihm noch sagen, diese Reizworte – und die Bauern können sie nicht mehr hören – sind nicht die Alternative zur ökologischen Produktion, sondern sind Auswüchse, die überall vorkommen können. Auf einem Markt, der die Produkte beider Produktionsrichtungen verlangt, werden auch beide gebraucht. Die Alternative der deutschen Bauern zur ökologischen Produktion ist dabei die konventionelle Produktion mit ebenfalls qualitativ hochwertigen Produkten.

Und speziell zum BSE-Fleisch müssen wir es Steenblock wohl noch einmal sagen, dass auch dies keine typische Erscheinung der konventionellen Landwirtschaft in Deutschland ist. Es ist überhaupt keine typische Erscheinung der Landwirtschaft in Deutschland. Wer sich einmal etwas näher und sorgfältiger mit den Herkünften, den Rassen und den bekannt gewordenen Standorten der Handvoll in Deutschland bisher aufgetretener an BSE erkrankter Tiere befasst hat, weiß das ganz genau, und von einem Minister sollte man eine entsprechende Sorgfalt erwarten können. Vor den bei einer solchen näheren Befassung gewonnenen Erkenntnissen brauchen konventionell wirtschaftende Landwirte jedenfalls bestimmt keine Angst zu haben.