Nr. 9 vom 4. März 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Für Schleswig-Holstein hatte der Anbau von sogenanntem Bt-Mais bisher keine praktische Bedeutung. Damit ist auch die jüngst von der grünen Ministerin Fischer verhängte Aussetzung der Zulassung für die Novartis-Sorte "Windsor" für unsere Landwirtschaft kein großes Problem. Und dennoch geht von dieser politischen Entscheidung, von der Novartis sagt, sie sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar, eine überall zur Kenntnis zu nehmende Signalwirkung aus. In den Jahren 1997, 1998, und 1999 wurde die bisher zugelassene Sorte mit einem Flächenumfang von wenigen hundert Hektar angebaut. Ziel dieses Anbaus war es, unter Freilandbedingungen einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu erzielen. Novartis spricht jetzt davon, dass das Anbauverbot zum Stillstand der Begleitforschung in Deutschland führe. Die bisherigen Daten belegten eindeutig, und das sagt nicht nur Novartis, die Einsparungen insbesondere bei Pflanzenschutzmitteln und Treibstoff.

Die Ministerin hatte geltend gemacht, die Gesundheitsrisiken seien noch nicht abschließend geprüft, und aus dem anderen von den Grünen geführten Ministerium (dem für Umwelt) hieß es, es sei die Notbremse vor der endgültigen Zulassung durch das Bundessortenamt gezogen worden. Soweit sind wir also, es liegen alle Voraussetzungen für eine Zulassung vor, die zuständige Behörde steht unmittelbar vor der Entscheidung, die grüne Ministerin aber zieht die "Notbremse". In Fachkreisen nimmt man an, dass es wieder um das schon in der Vergangenheit strapazierte angebliche Risiko einer Zunahme von Antibiotika-Resistenzen beim Menschen geht.

Wie steht es wirklich um dieses Risiko? Abgesehen davon, dass die wenigen 100 ha in Deutschland im Vergleich zu 20000 ha europaweit und vor dem Hintergrund noch weit größerer Importmengen von Futtermitteln aus den USA praktisch nicht ins Gewicht fallen würden, wird das Risiko von den Kritikern auch falsch beschrieben. Das Risiko der Bildung von Antibiotika-Resistenzen gibt es zwar wirklich, es ist aber kein spezifisches Risiko der gentechnisch veränderten Maissorte Windsor. Alle vorliegenden Erkenntnisse sprechen nämlich dafür, dass die Gene der Maiskörner ihre genetische Funktionsfähigkeit durch Verdauungsvorgänge bereits verloren haben, wenn sie im Darm dorthin gelangen, wo Kritiker den Übergang auf Darmbakterien vermuten. Und selbst wenn sie einmal in genetisch funktionsfähiger Form dorthin kommen sollten, spricht wenig dafür, dass dieses "Überspringen" tatsächlich geschehen würde. Wichtiger als diese beiden Erkenntnisse ist aber noch etwas anderes: Bakterien mit Resistenzen gegen alle möglichen Antibiotika gibt es überall, wo es Bakterien gibt. Dazu bedarf es überhaupt keiner Gene aus dem Bt-Mais. Deshalb ist auch das Vorhandensein von resistenten Bakterien zwar eine überall vorhandene Voraussetzung nicht aber der eigentliche Grund für die Entstehung von resistenten Stämmen. Da es die in Frage stehenden Bakterien sowieso überall gibt, kommt es auf einen anderen Umstand viel mehr an. Resistente Stämme, die dem Menschen gefährlich werden können, entstehen bevorzugt dadurch, dass Bakterien vom Patienten mit einem Antibiotikum bekämpft werden und dabei die eher widerstandsfähigen übrig bleiben und sich erneut stark vermehren. Man kann es ganz schlicht so sagen: Der Hauptgrund für die Entstehung von resistenten Stämmen ist darin zu sehen, dass Menschen das ihnen verordnete Antibiotikum nach dem Motto "möglichst wenig Chemie" früher absetzen als es der Arzt verordnet hat. Wenn sie dann, obgleich sie sich womöglich zunächst gut fühlen, einen Rückschlag bekommen, werden sie zur Vermehrungsstätte einer Bakterienflora, die mit Resistenten angereichert ist. Sie werden zur Zuchtstätte resistenter Stämme, was sich u.a. darin auswirkt, dass bei der Bekämpfung eines Rückschlages üblicherweise das Antibiotikum gewechselt wird. Den von einem solchen Patienten angesteckten Menschen sieht der Arzt dies jedoch nicht so ohne weiteres an, und das ist die eigentliche Gefahr.