Nr. 12 vom 25. März 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Man sollte meinen, dass Millie, Christa, Alexis, Carrel und Dotcom die Medienwelt verändert hätten. Die Überschriften in den Zeitungen klingen seit Bekannt werden des Erfolgs mit den fünf "Dolly-Schweinen" durchweg positiv, obgleich – wiederum in Schottland – nichts anderes passiert ist als bei dem Dolly-Schaf seinerzeit. Man hat – diesmal bei Schweinen - Klone geschaffen, am besten vergleichbar sind sie mit eineiigen Zwillingen. Dabei hat sich das, was die Überschriften besagen, noch gar nicht wirklich zugetragen. Wenn es z.B. in einer großen Tageszeitung die Überschrift gibt "Geklonte Schweine liefern Organe für Menschen", so werden wir auf genau diese Lieferung noch einige Jahre warten müssen. Die fünf niedlichen Ferkel, von denen eines sinnigerweise Dotcom heißt, sind nur das Ergebnis des Versuchs, genetisch identische Lebewesen entstehen zu lassen. Schweine, bei denen die Moleküle entfernt sind, auf die der menschliche Organismus mit Abstoßung reagiert, erwartet man erst in etwa vier Jahren. Die Kunst, wie man sie dann dupliziert, beherrschen die Wissenschaftler aber schon jetzt, nicht erst seit Dotcom sondern schon seit Dolly.

Die positiven Schlagzeilen über Dotcom und seine Wurfgeschwister passen gut zu den ebenfalls positiven Schlagzeilen über den im August anstehenden Internationalen Kongress der Pflanzenbauwissenschaften im Hamburger CCH und über Verlautbarungen der FAO zur Welternährungslage. Die Botschaft ist klar und deutlich: Nicht nur bei der Sicherung der Gesundheit, auch bei der Sicherung der Ernährung wird man auf lange Sicht nicht auf die Gentechnologie verzichten können; weder bei der Steigerung der Menge noch bei der Verbesserung der Qualität wird es zukünftig ohne die moderne Technologie gehen. Die FAO hat dabei zusätzlich herausgestellt, dass durch Gentechnik auch die Umweltverträglichkeit der Land- und Forstwirtschaft verbessert werden wird.

Ob so vieler positiver Meldungen kommen einige der bisherigen beharrlichen Kritiker regelrecht ins Stottern. Dabei wurde in einem Kommentar in einer nicht ganz so großen Zeitung sogar FAO mit WHO verwechselt, "Weltgesundheitsorganisation FAO" hieß es da. Dies war allerdings im Vergleich mit dem, was danach folgte, eine lässliche Sünde. In den weiteren Ausführungen wurde nämlich mehr als deutlich, wie wenig Sachkenntnis einige Menschen der Kritikerszene haben. "Mutationen sind nur da von Nutzen, wo sie als Reparaturmittel dienen", hieß es da beispielsweise. Der Mann scheint nicht zu wissen, dass das Phänomen der Mutation eine der essentiellen Voraussetzungen für die Evolution und damit für alles Leben auf Erden ist. Alle unsere Gene und die Gene unserer Mitgeschöpfe sind irgendwann einmal durch Mutation entstanden.

Diese Menschen schreiben und reden über Verantwortung, offenbar ohne hinreichende Kenntnis der jeweiligen Sache. Dabei sollte es zur Verantwortung der Chefredakteure gehören, ihre Mitarbeiter nur über das schreiben zu lassen, wovon sie etwas verstehen. Diese Art von Verantwortung kommt leider oft unter die Räder. Aber lesen wir noch ein wenig in dem Kommentar in der nicht ganz so großen Zeitung. Da steigert man sich nämlich – sarkastisch ausgedrückt – bis zum Selbstmord mit Worten mindestens aber zur ewigen Selbstverbannung des Schreibers ins Glashaus: "Gen-Mutationen haben in freier Natur nichts zu suchen", lesen wir da. Zur Klarstellung: Auch die Gene der Journalisten sind das Ergebnis von Mutationen, zum größten Teil aus früheren Generationen und zu einem kleinen Anteil als Neumutationen in der jüngsten Generation. Zumindest diese müsste der Schreiber der Zeilen beim Waldspaziergang zu Hause lassen.