Nr. 16 vom 22. April 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Auf der 11. Vertragsstaatenkonferenz zum Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (CITES) in Nairobi geht es um Wale, Haie, Meeresschildkröten, Elefanten usw.. Aus Sicht unserer Landwirtschaft im engeren Sinne sind kaum wichtige Themen dabei. Auch für uns interessant ist jedoch die Art und Weise wie die Medien in Deutschland über Nairobi berichten. Soweit es um die Wale geht, scheinen nur Norwegen und Japan für eine Lockerung der Restriktionen und auf der Suche nach Verbündeten in dieser Frage zu sein. Bei großen Teilen der Delegation scheinen sie jedoch auf eisige Ablehnung zu stoßen. Die meisten Presseberichte verweisen hierzu auf den bedrohten Bestand einiger Walarten, konkret genannt werden meist die Blauwale. Von den größten der Meeressäuger soll es einmal 275000 Stück gegeben zu haben. Der heutige Bestand wird unterschiedlich eingeschätzt. Wenn die Wahrheit – wie so oft im Leben - in der Mitte liegt, hat Hermann Sülberg in seinem Aufsatz in der Zeitschrift "Geo" mit 5000 Blauwalen in etwa die richtige Zahl wiedergegeben. Die Internationale Walfangkommission (IWC) schätzt ihre Zahl auf 9000 und der WWF auf 3000. Jede dieser Zahlen ist im Vergleich zum Ausgangsbestand aber so niedrig, dass sich im Vergleich mit dem Ausgangsbestand jede Diskussion erübrigt.

Aber, so sehr die Medien die Blauwale auch in den Vordergrund rücken, um sie geht es in Nairobi gar nicht. Wir werden also elegant an der Wahrheit vorbeigeführt. Die Norweger und Japaner wollen Zwergwale jagen. Bedenkt man, dass ein ausgewachsener Zwergwal 1500 kg schieres Fleisch ergibt, relativiert sich das Wort "Zwerg" und die Begehrlichkeit der beiden so traditionell an Meerestieren hängenden Nationen wird nachvollziehbar. Die Zwergwale sind auch nicht vom Aussterben bedroht, nach Sülberg gibt es von ihnen weltweit eine Mio. Stück. Als nachvollziehbare Begründung der Ablehnungsfront fällt einem so nur ein, dass es einen faden Beigeschmack gibt, wenn man sich nach der Dezimierung der sehr großen Blauwale nun den kleineren Zwergwalen zuwendet. Der Beigeschmack gibt sich ein wenig, wenn man erfährt, dass es von den ebenfalls sehr großen Pottwalen weltweit zwei Mio. Stück geben soll. Dies ist eine riesige Biomasse mit einem enormen Nahrungsbedarf. Die Pottwale wiegen ca. 80 Mio. Tonnen, und damit als nur eine von 90 Walarten immerhin 20% des Gewichtes aller Menschen auf Erden, sozusagen wie alle Chinesen.

Damit wären wir bei dem zweiten Ansatz der Norweger neben der Begehrlichkeit nach dem qualitativ hochwertigen Walfleisch. Den norwegischen Fischern fressen die Wale einfach zu viel weg. Erinnern wir uns daran, wie immer wieder die 100 Mio. Tonnen Fisch angeprangert werden, die die Menschen jährlich aus dem Wasser ziehen. Von einer Überfischung der Meere ist da – vermutlich stellenweise mit Recht - die Rede. Für die Wale dieser Erde liefert uns auch hier Sülberg eine interessante Vergleichszahl, die er wiederum einem Zitat entnimmt. Es scheint da um 500 Mio. Tonnen zu gehen, die die Wale in Form von Fisch und Zooplankton konsumieren. Bedenkt man, dass der Mensch weniger als 10 % seines Energiebedarfs aus Meeresfrüchten deckt und die Wale zwangsläufig 100%, kommt einem die Zahl durchaus plausibel vor. Ob sie reicht, dem Argument der Norweger genug Überzeugungskraft zu geben, kann gleichwohl bezweifelt werden. Denn selbst die Walart mit der wohl größten Biomasse, zwei Mio. Pottwale, soll nur 2/3 des früheren Bestandes haben.

Aber die Norweger als ignorante Aussenseiter hinzustellen, dazu fehlt sicherlich ebenfalls die Berechtigung. Die Agenda 21 spricht an mehreren Stellen übrigens nicht nur vom Schutz der Wale, sondern auch von deren Bewirtschaftung. Und Bewirtschaftung heißt nach dem Grundgedanken der Agenda, dass nicht mehr entnommen wird als nachwächst. Diskutieren kann man danach nur die Frage, wie groß man bei jeder Art den Mindestbestand ansetzt, aus dieser Frage sollten wir uns aber raushalten.