Nr. 17 vom 29. April 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die meisten in Deutschland verkauften Funkwecker werden von einem Sender in Frankfurt bedient und laut Beipackzettel sollen sie bis zu 1500 km von Frankfurt entfernt funktionieren. Damit können die meisten Menschen in Europa etwas anfangen. Befindet man sich allerdings auf Sizilien, sollte man sich auf einen solchen Wecker nicht verlassen. Und es gibt auf Sizilien noch einige weitere Dinge, die anders sind als ansonsten in Europa.

Auf die Frage in einem Besichtigungsbetrieb mit 120 Milchkühen wie hoch die Milchquote sei, sagte der Betriebsinhaber, er wisse es nicht, aber die Verwaltung werde es wohl wissen. Ob mit dem Wort Verwaltung das gemeint war, was man bei uns Amt für Ländliche Räume nennt? Und auf die Frage nach den bezahlten Preisen für Milchquoten gab es zunächst erstaunte Gesichter und dann eine Zahl als Antwort, bei der es sich vermutlich um den Milchpreis handelte. Diese Zahl war übrigens mit umgerechnet 68 Pf. recht hoch, was daran liegen kann, dass in einem Importland die Preise meist höher sind als in einem Exportland. Vielleicht war auch die Tatsache, dass angeblich Biomilch vermarktet wurde, der Grund für den genannten Preis.

Aus aller Herren Länder stammten die Kühe, man konnte ein umfassendes Studium über Ohrmarken in Europa betreiben. Klarheit über die Kennzeichnungspraktiken auf Sizilien selbst gewann man dabei allerdings nicht, weder hier noch auf einem anderen besichtigten Betrieb mit Milchvieh.

Zumindest die aus Deutschland, Holland und Österreich stammenden Kühe hatten in unserem Besichtigungsbetrieb mit Sicherheit die zahllosen Dasselbeulen nicht aus ihrer Heimat mitgebracht. Bilder wie man sie bei uns zuletzt vor über 20 Jahren gesehen hat, boten dort eine der vielen möglichen Erklärungen für die vergleichsweise niedrige Milchleistung pro Kuh. Bei uns hat man die Dasselfliege seinerzeit systematisch bekämpft, immerhin mit dem Erfolg, dass viele junge Landwirte in Deutschland nicht einmal wissen wie Dasselbeulen aussehen. Bei der Bekämpfungsaktion ging es damals um den Wert der Felle und um die Vermeidung von Schmerzen bei den Rindern, eine Sache, die man rund um das Mittelmeer wohl sowieso bei allen Tieren anders einschätzt.

Unser Betrieb hatte noch so einiges mehr zu bieten. So gab es dort ein ausgeklügeltes System zur Beseitigung der Jauche und der Feuchtigkeit im Kot. Aus dem Kuhstall (Geschlossener Anbindestall mit Schubstangenentmistung) und aus dem Jungviehstall (Betonplatte mit Dach, aber nach allen Seiten offen) wurden die Exkremente bergauf gefahren und dort an einem Hang abgekippt. Von dort bewegte sich die zähe Masse ähnlich wie ein Gletscher langsam wieder abwärts Richtung Stallgebäude und kam dort im staubtrockenen Zustand an. Es ließ sich nicht feststellen, wie viel von der feuchten Fraktion im Untergrund versickerte und wie viel verdunstete, jedenfalls blieb – unten angekommen – davon so gut wie nichts übrig. Auf den Stickstoff als Düngemittel scheint man dort also bei den Fäkalien nicht viel Wert zu legen.

Es bleibt die Frage – gerade wenn es womöglich wirklich ein Biobetrieb war – wie denn wohl die Versorgung der Böden mit Stickstoff erfolgt. Verhungert sahen die jungen Bestände von Hartweizen und Triticale – dieser zur Verwendung als Ganzpflanzensilage – jedenfalls nicht aus. Für unsere Milchbauern gibt es zu einer Sorge allerdings keinen Anlass. Wettbewerbsverzerrungen gehen für sie von Sizilien wohl nicht aus. Wer so mit seinen Tieren umgeht und den Stickstoff verschwendet, und wer zudem nur für das eigene Land produziert, gibt in dieser Hinsicht kaum Grund zu Befürchtungen.