Nr. 19 vom 13.Mai 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Im Kieler Umweltministerium scheint man ganz fest davon überzeugt zu sein: Die Belastungen des Waldes durch den "Ammonium-Eintragstyp aus der Gülleausbringung stellen das größte Problem für den schleswig-holsteinischen Wald dar". Ein Landwirt erhielt dies als Antwort. Er hatte an das Ministerium geschrieben und ihm einiges über die Art und Weise mitgeteilt, wie Düngemittel in der Landwirtschaft verwendet werden, über die guten Fachkenntnisse unserer Landwirte und überhaupt darüber, dass die Nährstoffe aus den tierischen Fäkalien von der Zielsetzung her für das Pflanzenwachstum bestimmt sind und dafür auch tatsächlich verwendet werden.

Die Auskunft des Ministeriums enthält zwei Behauptungen. Einmal wird gesagt, dass das Ammonium der Hauptbelastungsstoff ist, und zum anderen gibt man dem Ammonium aus der Gülle die Hauptschuld. Zu beiden Behauptungen lässt sich auch eine gegenteilige Position beziehen. Zunächst zu der einseitigen Festlegung auf das Ammonium: Der Stickstoff ist nicht allein Verursacher der Waldschäden. Aber selbst wenn es so wäre, regnet der Stickstoff immerhin in zwei verschiedenen Formen auf das Land nieder und diese Formen in etwa gleichen Mengen, der Nitrat-Stickstoff mit gut 40% und der Ammonium-Stickstoff mit knapp 60%. Am Nitrat-Stickstoff ist die Landwirtschaft praktisch überhaupt nicht beteiligt. Wer ihn ganz aus der Betrachtung lässt, verrät schon damit eine einseitige Sicht der Dinge.

Aber selbst wenn man so einseitig ist, sich ganz auf das Ammonium zu konzentrieren, kann man die Neigung zur einseitigen Betrachtungsweise zu Lasten der Landwirtschaft noch steigern, indem man das Ammonium gänzlich der Landwirtschaft oder gar gänzlich der Gülle zuschiebt. Davon, dass nicht die Gülle die meisten Ausgasungen bringt, kann man sich schon durch einen Blick in die Düngeverordnung überzeugen. Immerhin werden dort die normalen Lagerungsverluste beim Festmist deutlich höher angesetzt als bei der Gülle. Nun kann man mit Recht sagen, dass der Festmist mengenmäßig im Vergleich zur Gülle eine immer geringere Rolle spielt, und deshalb auch nicht so nachdrücklich erwähnt werden muss. Falsch bleibt gleichwohl die Aussage, dass das Ammonium allein der Landwirtschaft zuzurechnen ist. An der Fehlerhaftigkeit dieser Aussage ändert auch die Tatsache nichts, dass man sie im Bericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages nachlesen kann. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BML) jedenfalls hat es nun begriffen: Dort weiß man inzwischen, es gibt auch noch das Ammonium aus den Fäkalien der Menschen. Im BML lässt man diese gleichwohl weg, indem man sie trickreich als "unvermeidbar" bezeichnet und die Statistik auf "vermeidbares" eingrenzt.

Aber zurück zum Wald in Schleswig-Holstein. Er ist nicht überall gleich stark geschädigt, es gibt vielmehr große Unterschiede. Im Nordwesten sind 48% ohne Schadmerkmale. Im Nordosten sieht es nicht ganz so gut aus, aber besser als im Landesdurchschnitt. Rund um Hamburg sind nur 34% bzw. 36% ohne Schadmerkmale. Und weil in der Hamburger Windfahne auch die meisten Wälder stehen, schlägt das auf den Landesdurchschnitt mit 38% entsprechend durch. "48% ohne Schadmerkmale" sind kein Traum, und die Zahlen belegen auch nicht, dass der Wald in Schleswig-Holstein nur unter Hamburg leidet. Aber zum Nachdenken regen sie an, zum Nachdenken über die allzu einseitige Schuldzuweisung gegenüber der Landwirtschaft. In Hamburg gibt es nun einmal ebenso viele Menschen wie es in Schleswig-Holstein Schweine gibt. Nur mit der pflanzenverfügbaren Verwendung der Fäkalien sind wir bei den Schweinen weiter. Und nicht von ungefähr sind über Jahre die Ammoniumwerte am Stormarner Messpunkt Hahnheide nahe der Hamburger Stadtgrenze die höchsten in Schleswig-Holstein gewesen. Der Wind kommt dort an den meisten Tagen des Jahres aus Hamburg.