Nr. 28 vom 15. Juli 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Auf dem Berliner Workshop zur Vorstellung des Grünbuches des Deutschen Bauernverbandes hat Prof. Klingauf, der Präsident der Biologischen Bundesanstalt, einen sehr beachtlichen Vortrag gehalten. Über seine Aussage, wonach in Deutschland die stofflichen Probleme bei Düngung und Pflanzenschutz im Kern gelöst sind, hatten wir bereits berichtet. Es kam nach dieser Aussage zu einem guten Gespräch, auch mit den Vertretern des NABU. Wenn andere Vertreter des NABU dies inzwischen wieder zu kassieren versucht haben, sollten wir das nicht so ernst nehmen ebenso wie die Aussagen des Bundesumweltministers Trittin in seiner Bamberger Rede, die konventionelle Landbewirtschaftung müsse zu "einer umwelt- und naturverträglichen Bewirtschaftung kommen". Damit nimmt er in Teilen das zurück, was er in Berlin unter dem Eindruck des Grünbuches gesagt hatte. Dort war er immerhin bereit zu bescheinigen, dass dieses Ziel teilweise erreicht sei. Wäre er seinen eigenen Worten von Berlin treu geblieben, hätte er in Bamberg anders formulieren müssen.

Was zählt sind die Fakten, und da hat Klingauf in einer öffentlichen Erklärung noch einmal nachgelegt. Bei den 30 am meisten gebrauchten Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden sind die Risiken für wild lebende Tiere heute um 90% geringer im Vergleich mit den Risiken, die vor zehn Jahren von entsprechenden Mitteln ausgingen. Klingauf sagte dies und erläuterte es damit, dass heute die Prüfung und Zulassung nicht mehr nur eine toxikologische Bewertung der eingesetzten Mittel, sondern auch mögliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt berücksichtigen. Mit anderen Worten: Zu den beachtlichen Erfolgen, die man schon vor zehn Jahren bei der Verträglichkeit für den Menschen vorweisen konnte, sind jetzt Fortschritte bei der Ökologie dazu gekommen. Eine konsequente Umsetzung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes kam außerdem. Es gibt zwar immer noch Leute, die beim Integrierten Landbau von einer leeren Worthülse sprechen, aber die sind eben von gestern. Mit einer anderen Formulierung hat Trittin in Bamberg allerdings einen für die landwirtschaftliche Praxis beachtlichen Schritt nach vorn getan. Während nach der Sprachregelung der Grünen bisher der Ökologische Landbau "die" Leitbildfunktion hatte – eine für 98% aller Bauern diskriminierende Äußerung – sprach Trittin in Bamberg von "einer gewissen" Leitbildfunktion des Ökologischen Landbaus. Damit kann jeder leben, denn das lässt Raum für die These, dass auch der integrierte Landbau "eine" Leitbildfunktion hat ebenso wie moderne tiergerechte Haltung usw.usw..

Um Missverständnissen vorzubeugen, dieser positiv zu bewertende Schlenker des grünen Ministers ändert nichts daran, dass die Bamberger Rede insgesamt aus Sicht des bäuerlichen Berufsstandes Anlass zu größter Sorge gibt. Präsident Sonnleitner hat deshalb völlig zu Recht schon am nächsten Tag mit einem sehr kritischen Schreiben an den Minister reagiert, wir berichteten auch darüber bereits ausführlich. Die Äußerungen Trittins zur Ausgleichsregelung und zur guten fachlichen Praxis bestätigen schon lange bestehende Befürchtungen. Trittin verstieg sich sogar zu der Aussage, es sei wegen der beim Naturschutz "mangelnden Definition, was gute fachliche Praxis" ist, zu einem "Stillstand der Rechtspflege" gekommen. Die gute fachliche Praxis ist in Deutschland durch eine Fülle von Rechtsvorschriften geregelt. Nur zwei Beispiele: Der volle Name der Düngeverordnung heißt "Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen" und dann gibt es noch die "Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz". Trittin scheint der Meinung zu sein, dass es bei diesen Vorschriften nicht auch um den Naturschutz geht. Hätte er z.B. nur den ersten Absatz der letztgenannten Verordnung gelesen, könnte er eine solche Meinung eigentlich nicht haben. Wir haben in Deutschland im Übrigen nicht zu wenig staatliche Reglementierung sondern zu viel.