Nr. 38 vom 23. September 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Große Festereignisse wie die Kieler Woche, der Rendsburger Herbst usw. werden in der Regel mit einem eben so großen Feuerwerk beendet. "Wir bleiben noch bis zum Feuerwerk" ist ein oft zu hörender Satz. Es geht darum, so lange wie möglich die Umsatzbringer bei der Stange zu halten, und Feuerwerke sind da probate Mittel. Feuerwerke machen den Menschen Freude. Zu Silvester gibt es immer wieder schwere und schwerste Unfälle und dennoch beteiligt sich eine überwältigende Mehrheit aller Menschen aktiv an dem jährlich wiederkehrenden Großfeuerwerk. Und auch unter denen, die selbst "keine Knaller kaufen", sind nicht wenige, die das von den Mitmenschen erzeugte Spektakel besser genießen können, wenn sie selbst nicht "arbeiten" müssen; diejenigen, die es wirklich ablehnen, scheinen eine kleine Minderheit zu bilden.

Haben Sie schon einmal den Versuch unternommen, über Feuerwerke im Hinblick auf den Schutz von Natur und Umwelt nachzudenken? Andreas Morgenroth aus Lübeck hat hierzu einen interessanten Aufsatz in der Zeitschrift "Schleswig-Holstein" veröffentlicht. Zwei wichtige Unterschiede zwischen den großen Sommerfesten und Silvester hat er dabei herausgearbeitet: Im Unterschied zu Silvester ist im Sommer die ganze Tierwelt hochaktiv und mit Brutpflege sowie zugehöriger Nahrungssuche beschäftigt. Feuerwerke sorgen hier unweigerlich für Störungen, sowohl bei tag- als auch bei nachtaktiven Tieren. Wer zu Silvester regelmäßig seinen unter dem Lärm leidenden Hund bedauert, möge dies bedenken, wenn er am letzten Sommerabend eines großen Festtages zum Himmel schaut.

Hinzu kommt, dass bei Großfeuerwerken im Unterschied zum Silvesterfeuerwerk die Inhaltsstoffe der Brandsätze nicht präzise offen gelegt werden müssen. Man weiß also nicht genau was drin ist: Bleiverbindungen als Oxydationsmittel, Kupferverbindungen als blauer Farbgeber, von Barium als grüner Farbgeber und Strontium für rot ganz zu schweigen? Merke: Reine Schwarzpulver-Treibsätze wären absolut langweilig. Jeder Feuerwerkskörper enthält daher die verschiedensten Chemikalien. Und, so Morgenroth, keine der Mischungen kann als unbedenklich eingestuft werden. Würden hier ebenso strenge Maßstäbe angelegt wie z.B. beim Chemikalieneinsatz in der Landwirtschaft, gäbe es keine Zulassung für Feuerwerkskörper, weder für die Kieler Woche, noch für das Grömitzer "Ostsee in Flammen" und auch nicht für Silvester, selbst wenn da die Umweltverträglichkeit aus den genannten Gründen etwas höher zu sein scheint.

Feuerwerkskörper lösen sich weiß Gott nicht in Luft auf. Am Neujahrstag sehen unsere Dörfer und Städte entsprechend aus. Neben den Papierbestandteilen gibt es unverrottbare Plastikteile. Irgendwann ist alles sauber gemacht, aber wo landet der ganze Pyromüll? Silvester hat hier wieder den Vorteil, dass die Variante "Verwendung als Nestbaumaterial" ausscheidet. Für alle Geschosse gilt im übrigen, dass mindestens 10% der Explosivstoffe nicht verbrennen. Bei Nässe liegt der nicht verbrannte Anteil entsprechend höher. Soweit die festen Reste, an denen die explosiven Reste haften, ins Wasser gelangen, werden sie irgendwann von Fischen, Muscheln etc. aufgenommen und gelangen damit in die Nahrungskette, denn im Stadtsee wird zuletzt oder gar nicht aufgeräumt. Großfeuerwerke werden bevorzugt von schwimmenden Pontons, Schiffen oder Seebrücken abgeschossen. Auch in dieser Hinsicht liegt Silvester etwas günstiger, aber nachdenken sollte man auch über das Feuerwerk zum Jahresende. Dabei kann jedermann mit den Umweltproblemen abwägen, wie viel ihm die Freude am Feuerwerk wert ist. Wenn er sich dann doch dafür entscheidet, was sein gutes Recht ist, sollte er aber danach andere Dinge mit gleichen Maßstäben messen. Wenn zwei Minuten Nachdenken über das Silvesterfeuerwerk dazu führen, dass zukünftig weniger mit zweierlei Maß gemessen wird, ist viel erreicht.