Nr. 51 vom 23.Dezember 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Vor einiger Zeit hatten wir im Zusammenhang mit der früher weit verbreiteten Nutzung von Torf als Brennstoff kurz über die Kolonisierung der Schleswigschen Moore und Heiden durch süddeutsche Kolonisten berichtet. Das damals erwähnte Bild vom Flensburger Südermarkt, auf dem Torf als bedeutendste Handelsware erkennbar ist, konnten Sie dann einige Wochen später in der Rubrik "Land und Leute" sehen. Die meisten Wagen auf dem Marktplatz waren mit Torf beladen. Heute soll es etwas ausführlicher um die Kolonisten gehen. Vor 240 Jahren war die Gelegenheit für den dänischen König Friedrich – gleichzeitig Herzog von Schleswig – günstig. Schon seit etlichen Jahrzehnten hatte der Bevölkerungsüberschuss in Süddeutschland für Auswanderungswellen gesorgt, jedoch nicht in den kargen Norden. Die Wellen schwappten nach Nordamerika, Ostpreußen, Russland und weiteren Ländern. Alle diese waren 1760 in den siebenjährigen Krieg verwickelt und fielen für Einwanderung aus. Wer zieht schon freiwillig in ein Land im Kriegszustand? Im Norden aber war Frieden, und so wurde unsere Heimat für einige Jahre zum Einwanderungsland.

Auf der Geest im Herzogtum Schleswig, nördlich und südlich der heutigen Bundesgrenze wurden über 600 süddeutsche Familien angesiedelt. Moor und Heide wurden abgebrannt. Das Moor wurde entwässert, und es wurden in der ursprünglichen Wildnis zahlreiche neue Dörfer gegründet, an ihren Namen wie Friedrichswiese, Königshügel, Christiansholm, Julianenebene, Prinzenmoor etc, erkennt man sie heute noch; die Namen haben Bezug zum damaligen Königshaus. Flächen, die man heute in § 15 a (1) Nummern 1 (Moore) und 7 (Heiden) des Landesnaturschutzgesetzes wiederfindet, wurden im großen Stil kultiviert. Niemals vorher und niemals nachher hat es in Schleswig-Holstein in so kurzer Zeit einen so massiven Eingriff in Natur und Landschaft gegeben. Was heute gesetzlich verboten ist, war nach damaligem Verständnis eine große Tat zur Förderung der Steuerkraft des Landes und zur Hebung der Bevölkerungszahl, womit hauptsächlich auch die Möglichkeit zur Rekrutierung von Soldaten gemeint war. König Friedrich verfolgte noch ein weiteres Ziel. Während sein gleichnamiger Schwager in Berlin Kartoffelfelder bewachen ließ, um sie interessant erscheinen zu lassen, holte der Kopenhagener Friedrich seine "Colonisten" aus Gegenden, wo die Kartoffel als Speise bereits eingeführt war, bevorzugt aus dem Odenwald. Beide Könige erreichten auf ihre Weise das gleiche Ziel, ihre Leute wurden mit der Kartoffel vertraut.

Dass den Moorkolonisten der Jahre 1760/61 die Gewinnung von Torf streng verboten war, hatten wir in dem erwähnten Beitrag bereits behandelt. Sie sollten dem Moorboden Ackerfrüchte abringen und ihn nicht verheizen. Man wusste damals noch nicht, dass Moorboden bei ackerlicher Nutzung immer weniger wird, er oxydiert, verbrennt sozusagen ohne Flamme. Und es gab noch etwas, was die Menschen damals nicht wussten. Die Rede ist hier von einer Zeit vor Einführung der Mineraldüngung, Justus von Liebig sollte erst 40 Jahre später geboren werden. Bevor die Kolonisten aus dem Süden kamen, hatten die einheimischen Bauern Moore und Heiden als Düngerquelle genutzt, ohne dass ihnen das selbst in vollem Umfang bewusst war. Die Asche des verbrannten Torfs kam entweder auf den Misthaufen oder direkt in den Kohlgarten. Außerdem ernteten sie Einstreu auf dem Moor, vordergründig, damit die Tiere während des Winters im Stall weich zu liegen kamen. Aber auch dies brachte Pflanzennährstoffe in den Misthaufen und damit auf die Felder, auf die dorfnahen Felder aus Transportgründen. Die dorffernen Felder verarmten immer mehr, denn sie wurden nur ausgehagert, nicht gedüngt. Dort, wo durch Plaggenwirtschaft zusätzliche Einstreu gewonnen wurde, geschah das um so intensiver. Die bescheidenen Nährstoffe der kargen Heideböden schabte man förmlich ab. Dass das Kolonisierungswerk mit den Süddeutschen vor diesem Hintergrund letztlich weitgehend scheiterte, ist nicht verwunderlich. Hinzu kam, dass den einheimischen Bauern eine wichtige Nähstoffquelle verschlossen wurde.