Nr. 8 vom 24.Februar 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Vertreter der Kirchen haben sich sehr verschieden zum Thema BSE geäußert. Als Gegner der Landwirtschaft hat sich Bischof Karl Kohlwage wieder einmal zu erkennen gegeben. Den Bauern hat er eine doppelte Moral vorgeworfen. Einerseits protestierten die Bauern gegen die Tötung ganzer Herden, und andererseits fordere der Bauernverband die Tötung von 400000 Rindern. Er sprach in dem Zusammenhang auch von Gotteslästerung. In Leserbriefen von Bauern hierzu war das Wort Verachtung für Kohlwage zu lesen. Ihm fehlt das Gefühl dafür, dass die ganze Herde das Lebenswerk eines Landwirts ist, und dass unabhängig davon eine Marktentlastung dringend notwendig ist, um Betriebe am Leben zu halten. Offensichtlich weiß er auch nicht, dass 400000 ein Rind pro Bauer sind.

Kohlwage hätte sich besser informieren müssen. So hat er offensichtlich gar nicht bedacht, dass diese Tiere in normalen Jahren schon längst nicht mehr am Leben gewesen wäre, in diesem Jahr aber in den Ställen auch tierschützerisch für nicht mehr vertretbare Verhältnisse sorgen. Das Fleisch der 400000 Rinder irgendwo in der Welt zu verschenken haben auch schon andere gefordert, darüber kann man reden. Erstaunlich ist nur, dass dies plötzlich zum positiven Gegenteil von Gotteslästerung aufstieg. Wir erinnern uns noch gut daran, dass unsere Bauern vor Jahren mit verbilligten Exporten von Rindern angeblich die Bauern in Westafrika ruinierten. Das alles läuft bei Kohlwage anscheinend nach dem Motto: Egal, was gerade als wahr gilt, Hauptsache gegen die Bauern.

In Erinnerung ist noch das "Ethos der Mitgeschöpflichkeit", bei dem Kohlwage trotz intensiver Bitten auch der eigenen Kollegen nicht bereit war, auf die Bauern zuzugehen. Gut ein halbes Jahr ist eine andere Schrift alt und stammt aus ähnlicher Werkstatt. "Ernährungssicherung und Nachhaltige Entwicklung" vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Steigende Erträge "pro eingesetzter Ressourcen- und Arbeitseinheit" sind dort ein "Element gefährdeter Strukturen." Steigerung der Erträge ist unter vernünftigen Leuten unstrittig, da bei weiter steigender Weltbevölkerung ansonsten die Landwirtschaft auf "marginale Standorte" ausgedehnt werden müsste und das zur Naturzerstörung führen würde. Auf den Philippinen, so lesen wir, habe der Übergang von traditionellen Systemen der Reisproduktionen zum modernen Anbau einen Energieaufwandszuwachs von 3000 Prozent benötigt. Dem stehe ein zusätzlicher Ertrag von nur 116 Prozent gegenüber. Wir sind beeindruckt, aber, obgleich uns die absoluten Zahlen, die dahinter stecken, verschwiegen wurden, sind wir doch nicht ganz ratlos. Nehmen wir einmal an, die Philippinos hätten jetzt Verhältnisse wie wir, 20 GJ Aufwand und 80dt Korn sowie 50 dt Stroh als Ertrag. Dann wären es vorher knapp ein GJ sowie 60 dt Stroh und Korn gewesen. 70 dt Mehrertrag haben einen Brennwert von über 90 GJ. Gegen 19 GJ Mehraufwand an Energie ist das eine hervorragende Ausbeute, sprich Energiebilanz. Aber vielleicht sind die absoluten Zahlen auch anders. Nur soviel, wenn man mit Prozentzahlen umgeht, kann man alles beweisen.

Diese Verschleierungstaktik ist unschön, aber nicht gefährlich, denn die Philippinos werden so weiter machen. Sie wollen ihre Leute ja nicht verhungern lassen. Bedenklicher sind Worte zum Gesundheitswesen, gefährlich für Menschen bei uns. In den Ländern des Südens habe die Pflege des kulturellen Erbes noch eine sehr unmittelbare Bedeutung für das Wohlergehen der ländlichen Bevölkerung, da die Behandlung von Krankheiten auf dem Wissen um die verschiedenen Pflanzen basiere, heißt es bei der Kirche. In den Ländern des Nordens werde die Versorgung mit Medikamenten von der Pharmaindustrie geleistet. Solche Äußerungen sind gefährlich, denn es gibt bei uns Menschen, die dafür empfänglich sind, und nicht bedenken, dass im Süden die niedrigere Lebenserwartung eine Hauptursache im maroden Gesundheitswesen und im Fehlen von optimalen Medikamenten hat.