Nr. 14 vom 07.April 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt junge Landwirte, die das Herbizid Atrazin gar nicht mehr kennen. So lange ist das Mittel bei uns schon nicht mehr in der Anwendung. Und fast vergessen ist auch das hin und her um die Zulassung dieses Mittels in Deutschland. Es gab damals eine Bundesratsdrucksache, in der Atrazin als hochgiftige Substanz bezeichnet wurde. Das war die Unwahrheit und nichts als die Unwahrheit.

Atrazin gehört keiner Giftklasse an, geschweige denn einer der oberen. Dennoch war es damals nicht möglich, eine Änderung der Drucksache durchzusetzen. Der politische Wille war stärker als die Fakten. Dabei hätte es für die spätere Beschlusslage nichts ausgemacht, bei der Wahrheit zu bleiben. Denn eine Macke hat das Atrazin wirklich: Während die meisten Pflanzenschutzmittel bis zu ihrem endgültigen Abbau in der oberen Bodenschicht verbleiben, hat das Atrazin ein auffälliges Sickerungsverhalten. Und, da es für Pflanzenschutzmittel im Trinkwasser die sogenannte Nulloption gibt, darf auch keines im Trinkwasser gefunden werden, ob hochgiftig, mindergiftig oder auch fast gar nicht giftig (wie beim Atrazin).

Politische Entscheidungen kommen manchmal auf eigenartige Weise zustande, das gilt auch für die Nulloption und mehr noch für die Sturheit, beim Atrazin auf der Bezeichnung als hochgiftige Substanz zu beharren. Pragmatisch gesehen kann man sich dennoch leidlich damit anfreunden. Denn, mit der Nulloption zu leben, hat die Landwirtschaft gelernt. Und, wenn durch den Wegfall von Atrazin & Co. die Akzeptanz für Pflanzenschutzmittel insgesamt verbessert wurde, hat auch der zumindest eine positive Seite. Zu diesem Vorgang gibt es eine aktuelle Parallele. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Wenn durch das, was das Europäische Parlament gegenwärtig zu dem Thema "Antibiotika-Resistenzen durch Gentechnologie" berät, die Akzeptanz der Grünen Gentechnologie verbessert werden sollte, werden wir auch hier damit leben können, dass Politiker ein als erheblich angenommenes Risiko zur Entscheidungsgrundlage machen, was tatsächlich so gut wie gar nicht besteht.

Gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten gelegentlich nicht nur das erwünschte Gen, wie z.B. beim Bt-Mais dasjenige, das die Resistenz gegen den Maiszünsler bewirkt und damit den Einsatz von Insektiziden entbehrlich macht. Dazu haben sie manchmal noch eine daran gebundene Resistenz gegen ein Antibiotikum, im Fall des Bt-Maises gegen Ampicillin. So lassen sich die Träger des erwünschten Gens leichter von den Nichtträgern unterscheiden. Das Europäische Parlament will, dass Antibiotika-Resistenzmarker bis 31. Dezember 2004 für alle gentechnisch veränderten Organismen, die in Verkehr gebracht werden, auslaufen müssen. Für die Freisetzung von Organismen zu Versuchszwecken wollen sie als letztes Datum den 31. Dezember 2008 festlegen.

Damit wird sich ab spätestens dem Jahr 2009 ein verbreitetes Argument gegen die grüne Gentechnologie erledigen. Die Resistenzdiskussion kann es dann nicht mehr geben, oder allenfalls unter ignoranten Menschen, für die das Restrisiko das schlimmste aller Risiken ist. Die Herstellung gentechnisch veränderter Sorten wird dann zwar teurer, aber die Akzeptanz müsste eigentlich steigen. Die Kostensteigerung ist rein ökonomisch betrachtet nicht vertretbar, denn das Risiko der Antibiotika-Resistenzen durch z.B. Bt-Mais ist wissenschaftlich betrachtet außerordentlich gering – die Begründung für die These war an dieser Stelle vor knapp zwei Jahren abgedruckt. Vertretbar bleibt es gleichwohl, wenn die Umweltvorteile des BT-Mais auch mit erhöhten Kosten bezahlbar bleiben.