Nr. 29 vom 21. Juli 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Unlängst hatten wir uns an dieser Stelle mit der paradoxen Situation beschäftigt, dass heimisches Tiermehl verbrannt wird und stattdessen Sojaschrot – im Zweifel gentechnisch verändert – um die halbe Erde transportiert wird. Das Paradoxe ist der unnötige weltweite Transport, nicht evtl. Gefahren aus der gentechnischen Veränderung. Dennoch müssten die Gegner der Gentechnologie, wenn sie ihren bisherigen Äußerungen treu sein wollen, längst auf den Barrikaden sein bzw. die Aufhebung des Fütterungsverbotes fordern. Mit Warnungen vor Allergierisiken aus Gentechnik taten sie sich immer besonders hervor, teilweise weil sich damit am leichtesten Ängste schüren lassen, teilweise aber auch durchaus zu Recht.

Das Thema Allergie gehört zu den zentralen Sicherheitsfragen bei gentechnisch veränderten Pflanzen. Zur Sicherheitsbewertung dieser Produkte existieren international anerkannte Leitlinien. Dem ist es zu verdanken, dass noch kein einziger Fall bekannt geworden ist, dass zugelassene GVO-Pflanzen aufgrund der gentechnischen Veränderung bei Menschen Allergien ausgelöst haben, während Lebensmittelallergien ohne gentechnischen Hintergrund in den Facharztpraxen zum täglichen Bild gehören. Dennoch sollen die bisher angewandten Kriterien und Methoden zur Bewertung des Allergiepotenzials noch weiter optimiert werden könnten. Damit würde ein noch umfassenderer Schutz erreicht und letztendlich auch das Vertrauen der Verbraucher verbessert werden.

Wie wird das Allergiepotenzial eines Proteins bestimmt? Ob ein Protein eine Allergie auslösen kann oder nicht, ist nicht einfach zu entscheiden. Experten machen darauf aufmerksam, dass im Prinzip jedes Protein potenziell in der Lage ist, bei einem Menschen eine Allergie auszulösen, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür von Protein zu Protein sehr unterschiedlich. Etwa 90% der bekannten allergieauslösenden Proteine finden sich in zehn Nahrungsmitteln, darunter Fisch, Krebstiere, Nüsse und verschiedene Gemüse. Das Allergiepotenzial hängt sowohl von der individuellen genetischen Veranlagung eines Menschen ab als auch von den einzelnen Eigenschaften des Proteins. Bei der Bewertung des Allergiepotenzials eines Proteins wird zuerst nach Ähnlichkeiten zu bekannten allergieauslösenden Proteinen gefahndet, die in zentralen Datenbanken aufgenommen wurden. Werden keine Ähnlichkeiten gefunden, ist jedoch eine allergene Wirkung damit noch nicht vollkommen ausgeschlossen. Grund dafür ist, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle allergenen Proteine schon bekannt sind und in die Datenbank aufgenommen wurden. Daher werden weitere Tests durchgeführt, beispielsweise mit Blutseren von Allergikern, die gegen den Organismus, aus dem das transferierte Gen stammt, eine Reaktion zeigen. Als sicherstes Kriterium, dass ein Protein nicht in der Lage ist, Allergien auszulösen, gilt dessen gute Verdaulichkeit im Magen. Proteine, die in der Magenflüssigkeit innerhalb von Sekunden abgebaut werden, können nicht mehr in die Blutbahn des Menschen gelangen. Dort müssen sie aber erst hin, um mit den Immunsystem in Kontakt zu geraten und unter Umständen Allergien auszulösen.

Fast alle neuen Proteine der zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen werden in kürzester Zeit im Magen abgebaut. Eine Ausnahme ist das Bt-Protein des StarLink-Maises, das einige Minuten im Magensaft unbeschadet übersteht. Aus diesem Grund hat er von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA nur eine Zulassung als Futtermittel, nicht jedoch als Nahrungsmittel bekommen. Dies ist sehr konsequent. Zum Vergleich: Wäre man bei Proteinen, bei denen Gentechnik nicht im Spiel ist, ebenso konsequent, dürften Haselnüsse als Nahrungsmittel nicht mehr zugelassen sein, z.B. als Verarbeitungsware in Keksen. Auch hier gilt also der Grundsatz: Risiken gibt es sowohl mit als auch ohne Gentechnik; wenn es um Gentechnik geht, ist das Sicherheitsnetz aber besonders eng geknüpft.