Nr. 49 vom 8. Dezember 2001

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

 

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

 

Logisch ?

 

Frau Künast lässt keine Gelegenheit aus, ihre ablehnende Haltung gegenüber der Landwirtschaft in drastischen Worten zum Ausdruck zu bringen. Dabei macht sie einen Rundumschlag nach dem anderen. In ihrem jüngsten Interview mit dem BUND beschimpft sie die AGÖL und den Bauernverband gleichzeitig. Die Biobauern haben die grüne Ministerin ebenso durchschaut wie alle übrigen Bauern, ihr geht es überhaupt nicht um die Bauern, sondern um die grünen Wähler in den Städten. Die sollen Ökoprodukte zu Preisen kaufen können, die den Biobauern nicht mehr das Auskommen sichern. Und den Bauernverband versucht sie neuerdings sogar als Organisation darzustellen, in der sich nur „ein Teil“ der deutschen Landwirtschaft organisiert hat. Das klingt nach Minderheit, obgleich auch Frau Künast wissen wird, dass alle Gewerkschaften und mehr noch die Umweltbewegung vom Organisationsgrad des Bauernverbandes nur träumen können. Sicherlich gibt es einzelne Landwirte, die dem Bauernverband ihre Mitgliedschaft versagen, aus den verschiedensten Gründen. Aber eines dürfte sicher sein: Innerhalb dieser Minderheit gibt es nur wenige, die für die Agrarwende der Grünen sind, eine Minderheit innerhalb der Minderheit.

 

Dem Bauernverband wirft sie es mit scharfen Worten vor, dass er gegen ihre Agrarwende ist. Dabei bewegt sie sich am Rande der Lächerlichkeit, wenn man sich die Inhalte der sogenannten Wende näher ansieht; aber darum soll es hier heute nicht gehen. Seit Ende Oktober hat die Ministerin Gelegenheit, durch Zustimmung zu einem konstruktiven Vorschlag des Bauernverbandes zu beweisen, dass sie nicht nur mit Schlagworten und Maßnahmen zur Drangsalierung der Landwirtschaft Politik macht. Es geht um einen Vorschlag, der keine zusätzlichen Haushaltsmittel erfordert, der der Landwirtschaft hilft und auch der Umwelt; eigentlich das Ei des Kolumbus.

 

Der Bauernverband hat vorgeschlagen, die Bedingungen der Flächenstilllegung an Gewässern, Hecken und Waldrändern zu verändern. Bisher gilt, dass eine Stilllegungsfläche mindestens 0,3 ha groß sein muss und mindestens 20 Meter breit. In der Praxis war das keine brauchbare Basis für eine Anlage von Randstreifen an Gewässern etc.. Der Bauernverband hat eine Reduzierung der Mindestbreite auf 10 Meter und der Mindestfläche auf 0,1 ha vorgeschlagen. Diese Zielvorgabe kann auf zwei verschiedenen Wegen erreicht werden, und beide Wege sind gangbar:  Es können die Bestimmungen der allgemeinen Regelung zur Flächenstilllegung schlicht geändert werden. Für Gewässer, und da wäre eine Verwirklichung  am wichtigsten, gibt es daneben die einfachere Variante, eine vorhandene Sonderregelung schlicht zur Anwendung zu bringen. Eine EU-Verordnung räumt die Möglichkeit ein, zur „Stilllegung von 10 Meter breiten Streifen (Mindestgröße 0,1 ha) an Wasserläufen“. Jetzt ist die „Agrarwende-Ministerin“ dran.

 

Umweltminister Trittin hat eine Kopie des Schreibens an seine Kabinettskollegin erhalten. Und in dem Anschreiben an ihn hat Präsident Sonnleitner zusätzlich auf die bisherigen Erfolge im Gewässerschutz hingewiesen: „... wie die Wasserwirtschaftsberichte der Bundesregierung sowie die Daten des Umweltbundesamtes belegen, sind die Erfolge der Landwirtschaft im Gewässerschutz immens. Gleichwohl steigen die Anforderungen an die Landwirtschaft im Gewässerschutz ständig und werden mit der in der Umsetzung befindlichen Wasserrahmenrichtlinie eine neue Dimension erhalten. Zukünftig sind daher m.E. praxisgerechte Strategien für den Gewässerschutz in Kooperation mit den Landwirten dringend erforderlich. In Kenntnis dessen habe ich mich mit einem Schreiben an ... gewandt, in dem ich die Flexibilisierung der Flächenstilllegung ... eingefordert habe.“