Nr. 1 vom 5. Januar 2002

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

 

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

 

Logisch ?

 

Die  Bundesregierung hat vor einem halben Jahr einen Rat für Nachhaltige Entwicklung ins Leben gerufen. „Berufen“ wurden „17 Personen des Öffentlichen Lebens“. Und diese Personen haben vor kurzem ein erstes Ergebnis vorgelegt. Zur Landwirtschaft finden sich darin „gewaltige“ Aussagen. So sollen z.B. Lebensmittel und Futtermittel auch zukünftig durch die Landwirtschaft erzeugt werden ... (von wem außer den Fischern und Jägern denn wohl sonst??). Und dann geht es los mit den Agrarwende-Sprüchen. Staatliche Subventionen sollen in eine „staatliche Honorierung gesellschaftlicher Leistungen (z.B. für die Erhaltung der Kulturlandschaft) umgewandelt werden“. Die Nahrungsmittelerzeugung soll in „hoher Produkt- und Prozessqualität (Umwelt-, Landschafts-, Natur- und Tier- und Verbraucherschutz) erfolgen“. Usw. usw. „Multifunktionalität“,  „Produktion soll standortgerecht und ressourceneffizient erfolgen“, „Schutz von Wasser, Boden, Luft und Biodiversität gewährleisten“, „Weiterentwicklung der guten fachlichen Praxis“  „Flächenbindung der Tierhaltung“, sind nur einige der weiteren Stichworte (sprich Schlagworte).

 

Ganz gut - wenn auch unrealistisch - klingt der Satz, wonach der „Flächenanteil der land- und forstwirtschaftlichen Flächen auf dem heutigen Stand zu sichern“ ist. Er wird dann im nächsten Satz auch gleich wieder zur Hälfte zurückgenommen, indem „der Flächenverbrauch von Siedlungs- und Verkehrsflächen minimiert werden muss“. Also nicht auf dem heutigen Stand, sondern erklärtermaßen auf einem niedrigeren Stand. Von den umfangreichen Ausgleichsflächen zu Zwecken des Naturschutzes ist da übrigens gar nicht mehr die Rede, ob man die abschaffen will? Es ist die Rede vom Ausbau sowie der Vernetzung von Biotopsystemen, ob man die ohne Flächenverbrauch aus der Landwirtschaft machen will, denn ab 2050 soll dieser bei Null angelangt sein?

 

Ja, und dann kommt das Stichwort „nachhaltiger Warenkorb“. Es wird nicht näher gesagt, was da zukünftig drin sein soll, aber es soll darüber eine „breite Diskussion stattfinden“ Jedenfalls hängt der „Erfolg einer Kurskorrektur in der Agrarpolitik wesentlich von der Veränderung des Kaufverhaltens der Verbraucher ab“, aha. In der Agenda 21, der die Bundesregierung eigentlich noch verpflichtet sein sollte, gibt es auch ein Kapitel über Konsumverhalten, um Nahrungsmittel geht es dort allerdings gar nicht. Überhaupt hat sich die Bundesregierung bzw. deren  Rat für Nachhaltige Entwicklung bemerkenswert weit von diesem von 178 Staaten unterzeichneten Dokument von Rio entfernt. Wann wohl im Deutschen Bundestag eine „Kleine Anfrage“ auftaucht, die herausbekommen will, wann Deutschland dieses Abkommen kündigt? Im „Ergebnis“ des Rates für Nachhaltige Entwicklung   Taucht das Wort Agenda 21 jedenfalls schon gar nicht mehr auf.

 

Hätten die „17 Personen des Öffentlichen Lebens“ sich mit der Agenda beschäftigt, wäre ihr neuer Job wohl auch in Arbeit ausgeartet. Sie hätten dann, anstatt im Wesentlichen Sprüche zu produzieren, inhaltlich arbeiten müssen. Die großen Rezepte der Agenda zur Bewältigung der Versorgung mit Nahrungsmitteln sind bekanntlich der Bodenschutz, die integrierte Düngung, der integrierte Pflanzenschutz und die grüne Gentechnik. Hätten sie sich damit beschäftigt, wären sie beim letzten der vier Punkte wohl über Gebühr beansprucht worden bis hin zur Sorge, bei Frau Künast in Ungnade zu fallen. Und bei den anderen Punkten wären sie nach nüchterner Analyse zwangsläufig zu dem Ergebnis gekommen, dass Deutschlands Landwirtschaft in Sachen Nachhaltigkeit sehr weit ist, Vorbild-verdächtig weit. Aber es gibt eben zwei verschiedene Arten von Nachhaltigkeit, die der Agenda 21 und die der deutschen Regierung.