Nr. 16 vom 20. April 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Anfang Februar konnten Sie an dieser Stelle lesen, dass die Polarforscher jüngst einen elementaren Irrtum zu ihren eigenen Forschungen korrigiert haben. Bis vor kurzem hatten sie verbreitet, die Antarktis würde jährlich durch Abschmelzen 20 Milliarden Tonnen Eis verlieren. Neuere Messungen haben offenbar ergeben, dass dies zumindest für die unmittelbar zurückliegenden Jahrzehnte falsch war und dass allein das Eis des Ross Eisstromes in der Westarktis um jährlich 27 Milliarden Tonnen zunimmt. Dies musste nicht bedeuten, dass der Anstieg des Meeresspiegels deshalb gestoppt wäre, es konnte es aber bedeuten. Immerhin gab es auch die Möglichkeit, dass das weltweite weitere Abschmelzen von Gletschern in Bergregionen und von Eis in der Nordpolarregion den Weltmeeren mehr Wasser zuführen würde als durch die Verstärkung der Antarktis entzogen wird. Zu der hiermit verbunden Fragestellung gibt es wiederum neuere Forschungen, die Polarforscher scheinen sehr aktiv zu sein.

Die neueste Erkenntnis ist, dass die Polregionen klimatisch voneinander isoliert sind. Das besagt immerhin, dass die neuerdings für die Antarktis angenommene Verhältnisse in der Arktis völlig anders sein können. Und bei den alpinen Gletschern z. B. wissen wir, dass die zu beobachtenden Abläufe tatsächlich völlig anders sind. Diejenigen, die in den betreffenden Regionen Urlaub machen, berichten, dass die Gletscher von Jahr zu Jahr an Substanz verlieren. Die Eismassen, um die es dabei geht, sind allerdings im Vergleich mit den Polregionen unbedeutend. Von ihnen darf man sich nicht zu vorschnellen Schlüssen verleiten lassen.

Zu den Unterschieden zwischen den beiden Polregionen haben die Wissenschaftler sehr interessante Erkenntnisse gewonnen. Bekanntlich besteht ein Hauptunterschied zwischen ihnen darin, dass der Nordpol sich im Gegensatz zum Südpol nicht auf Festland befindet. Außerdem ist das Nordpolargebiet weitgehend von Kontinenten umschlossen, während die Antarktis von einem zusammenhängenden Tiefseebecken, dem Südpolarmeer, umgeben ist. Um die Antarktis existiert ein Zirkularstrom, der gleichzeitig die einzige bedeutende Verbindung zwischen den drei Ozeanen darstellt Daraus allein ergibt sich auf Grund theoretischer Überlegungen das Phänomen der klimatischen Isolierung. Damit hätte man allerdings nicht mehr als ein theoretisches Modell.

Einen Einblick in die wirkliche Klimageschichte der vergangenen Jahrtausende liefern Eisbohrkerne. In ihren Schichten kann man die Anteile zweier verschiedener Sauerstoffisotope messen. Je wärmer es war, als sich die jeweilige Schicht ablagerte, um so mehr ist von dem schwereren der beiden Isotope vorhanden. Mit solchen Untersuchungen an Eisbohrkernen hat man für weit zurückliegende Zeiträume Vergleiche zwischen dem Südpol und dem Nordpol angestellt, also quasi nachträglich die Temperatur gemessen. Ein Ergebnis ist, dass Klimaveränderungen am Südpol sich auch am Nordpol bemerkbar machen, allerdings jeweils mit einigen Jahrzehnten Verzögerung. So ist es vor Jahrhunderttausenden gewesen, und so könnte es auch jetzt sein. Die Verhältnisse an beiden Polen sind zwar isoliert und unterschiedlich, aber ein gewisser Zusammenhang mit allerdings zeitlicher Verzögerung besteht doch. Ein außen Stehender kann sich hierzu kaum ein verlässliches Bild machen. Aber eines dürfte klar sein, allein mit Promillwerten für den Gehalt der Atmosphäre an Kohlendioxid kann man die Klimadiskussion nicht bestreiten. Die Zusammenhänge sind viel viel komplizierter und das nicht nur deswegen, weil die Rolle des Wasserdampfes unstrittig höher zu bewerten ist als die des Kohlendioxids.