Nr. 18 vom 4. Mai 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Wenn wir heute von einem Welthungerproblem sprechen, meinen wir vorwiegend einige besonders arme Länder in Afrika. Für diese Länder trifft es auch zu, was vielfach als Begründung für den Hunger angesehen wird, nämlich Bürgerkrieg, mangelnde Infrastruktur, etc. Bei Betrachtungen auf lange Frist wird aber leicht übersehen, dass über die Hälfte aller Menschen auf Erden in nur einem Teil eines der fünf Kontinente lebt, nämlich im Süden und Osten Asiens. Dort sind die Probleme anderer Art. Dort ist Reis das Hauptnahrungsmittel, und man schätzt, dass in 20 Jahren der Bedarf so hoch sein wird, dass die Reisernte fast doppelt so hoch sein muss.

Die Länder Südostasiens haben damit ein großes Problem. Während in den Ländern, in denen Weizen Hauptnahrungsmittel ist, der jährliche Ertragsfortschritt größer ist als das Bevölkerungswachstum, ist es in den Reisländern genau umgekehrt. Mit herkömmlichen Mitteln sind also in diesen Ländern die Probleme der Zukunft nicht mehr zu lösen. Dabei kommt hinzu, dass dort zunehmend landwirtschaftliche Nutzfläche für die Produkte gebraucht wird, die die Menschen anstelle von Reis essen, so bald sie sich dies leisten können, vor allem Gemüse und Fleisch. Es geht also um eine fast unlösbare Aufgabe, nämlich bei ständig kleiner werdender Reisanbaufläche die Gesamternte fast zu verdoppeln.

Mit herkömmlichen Züchtungsmethoden ist das Problem nicht zu lösen. Es geht nur mit Mitteln der Gentechnologie. Und wenn behauptet wird, für die Lösung der zukünftigen Ernährungsprobleme würde die Gentechnologie nicht gebraucht, so mag das für den Sudan richtig sein, für die Reisländer aber nicht. Und es wird auch intensiv geforscht. Über die Bemühungen, die Qualität von Reis gentechnologisch zu verbessern, ihn z. B. mit Vitaminen anzureichern, haben wir an dieser Stelle bereits berichtet. Zur Lösung des Mengenproblems gibt es andere Ansätze. Vom Mais wissen wir, dass die so genannten C4-Pflanzen durch einen anderen Stoffwechsel mehr Pflanzenmasse produzieren und dies mit weniger Wasserverbrauch. Es ist hier nicht der Raum, um den Unterschied zwischen C3-Pflanzen und C4-Pflanzen zu erklären. Nur so viel: der vollständige Fotosyntheseweg bei den C4-Pflanzen unterscheidet sich in insgesamt sieben Enzymen vom C3-Weg. Für jedes dieser Enzyme ist ein Gen verantwortlich. Und in den USA ist es bisher gelungen, zwei dieser sieben Gene vom Mais auf den Reis zu verpflanzen. Angeblich soll es dabei schon gelungen sein, die Fotosyntheserate beim Reis um 30 % zu erhöhen. Dies erstaunt ein wenig, denn aus dem Vergleich zwischen Mais (C4) und Weizen (C3) kennen wir Unterschiede dieser Größenordnung nicht, umso erfreulicher für die Reisforscher. Ihnen ist außer der Verpflanzung von zwei Genen übrigens noch ein weiterer bedeutender Erfolg gelungen. Sie haben Hinweise dafür entdeckt, dass einige der fehlenden Gene in der Reispflanze gar nicht wirklich fehlen, sondern von der Natur nur abgeschaltet worden sind. Vielleicht gelingt es leichter, diese zu wecken, als weitere Übertragungen vom Mais durchzuführen.

Dann gibt es noch einen dritten Ansatz. Während wir daran gewöhnt sind, dass der Einsatz von mineralischen Stickstoffdünger sich finanziell lohnt, solange wir damit einen Mehrertrag erzeugen, ist dies in einigen der Reisländer anders. Es wird deshalb auch darüber geforscht, den Reis mit Genen auszustatten, die ihn befähigen, so wie Leguminosen mit Knöllchenbakterien in Symbiose zu leben. Dies kostet zwar bekanntlich Ertrag, weil auch diese Art von "Stickstoffdünger" ohne Energie natürlich nicht zu haben ist, für die Länder, in denen derzeit mehr als die Hälfte aller Menschen lebt, ist es aber ein weiterer Schlüssel zur Lösung ihrer Zukunftsprobleme.