Nr. 20 vom 18. Mai 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Das Umweltbundesamt hat nach fünfjähriger Pause wieder eine Grundsatzschrift zur Nachhaltigen Entwicklung in Deutschland herausgegeben. Bisher liegt nur eine Kurzfassung davon vor. Wer sich an die geballte Ladung Unfug erinnert, die vor fünf Jahren zu lesen war, ist gespannt, ob dass UBA diesmal weniger einseitig und mit weniger Diskriminierung der Landwirtschaft zu Werke gegangen ist. Selbstverständlich müssen wir für eine abschließende Beurteilung auf die Langfassung warten, die Kurzfassung jedoch lässt einiges ahnen.

Da ist z. B. von der Stickstoffbelastung von Böden, Gewässern und Wäldern die Rede, die hauptsächlich durch die konventionelle Landwirtschaft verursacht sei. Gut, über eines kann man sich verständigen. Soweit die Landwirtschaft Verursacher ist, entfällt natürlich auf den Ökologischen Landbau nur ein sehr kleiner Teil der Verursacherrolle, weil es auch nur um wenige Betriebe geht. Wie wir das UBA kennen, ist der Satz aber anders gemeint und enthält – warten wir die Langfassung ab – wahrscheinlich zwei schwere Fehler. Einmal wird der Landwirtschaft erneut allzu einseitig eine Verursacherrolle zugewiesen und zum anderen ist s wieder einmal die "konventionelle Landwirtschaft".

So ist es auch bezeichnend, dass es derzeit im Umweltbundesamt einen Arbeitstitel "Gentechnik und Ökologischer Landbau" gibt. Damit sind die Probleme gemeint, die Landwirte zukünftig haben werden, wenn sie gentechnikfreie Ware produzieren wollen und der Nachbar gentechnisch verändertes Saatgut einsetzt. Dieses Problem ist nicht nur ein Problem von Ökobauern. Mit Sicherheit wird die Zahl der betroffenen konventionellen Landwirte größer sein als die der Ökobauern. Auch werden sie auf gleiche Weise betroffen sein. Der Arbeitstitel des UBA dokumentiert aber, wie einseitig dort gedacht wird. Es passt offenbar nicht in die Denkwelt derer im spatenförmigen Gebäude im Berliner Grunewald, dass auch ein konventionell wirtschaftender Landwirt gegen die grüne Gentechnik eingestellt sein kann.

Die Sache mit dem Arbeitstitel hat übrigens noch einen weiteren Aspekt. Eigentlich wäre es Aufgabe einer Fachbehörde wie es das UBA ist, auch der Frage nachzugehen, ob sich der Ökolandbau nicht doch der grünen Gentechnik öffnen sollte. Der Arbeitstitel "Gentechnik und Ökologischer Landbau" müsste das der Logik nach mit beinhalten. Es liegt zwar auf der Hand, dass der Ökolandbau sich eine solche Öffnung wegen der Gefährdung von Marktpositionen derzeit gar nicht leisten kann. Nun gehört aber landwirtschaftliche Marktpflege nicht zu den Aufgaben des UBA. Diese 1000-Mann-und-Frau-Behörde ist der Umwelt verpflichtet und sie hat nach dem jeweils schonenderen Verfahren Ausschau zu halten.

Und da gibt es einen Punkt, über den man im Grunewald offensichtlich noch gar nicht nachgedacht hat. Pflanzenzüchtung kommt ohne neue Gene, wie sie in der züchterisch bearbeiteten Art bisher nicht vorhanden waren, nicht aus. Keine Kulturpflanzenart kommt mit der Genausstattung der wild lebenden Verwandten aus. Als man vor 70 Jahren lernte, wie man artfremde neue Gene durch Chemikalien und Bestrahlung gewinnen kann, ging der züchterische Fortschritt in eine neue erfolgreichere Phase. Gerade bei einer Produktionsrichtung, die Chemikalien und Bestrahlung besonders kritisch sieht und den Griff in die Natur grundsätzlich bevorzugt, müsste auch bei der Schaffung genetischer Varianz der Griff in die Natur gegenüber Chemikalien und Bestrahlung Sympathie haben. Mit der bisherigen Brille des UBA gesehen müsste es eigentlich das schonendere Verfahren sein.