Nr. 21 vom 25. Mai 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Die Biobauern setzen sich in diesen Tagen zusammen und besprechen die Lage. Die Einkommenszahlen aus dem letzten Agrarbericht der Bundesregierung waren schlecht genug. Im Textteil des erstmals von Frau Künast herausgegebenen Berichtes gab es rosige Erklärungen über die Zukunft des Ökolandbaus in Deutschland, der Zahlenteil sprach eine andere Sprache. Die Ökobetriebe hatten im ersten Jahr nach der sogenannten Agrarwende ihre bisher schlechtesten Ergebnisse. Dabei ging es um ein Wirtschaftsjahr, dessen Ende jetzt schon über 10 Monate zurück liegt. Ist es inzwischen besser geworden? Bei den Preisen jedenfalls nicht, und so besteht wenig Hoffnung auf wieder steigende Gewinne.

Die von der ZMP erfassten Preise sehen auf den ersten Blick noch ganz einigermaßen aus. Aber wenn der Verkauf von Ökofuttergetreide nach Dänemark weitgehend zum Erliegen gekommen ist und die nächste Ernte an Brotroggen aus ökologischer Erzeugung in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich gar nicht gebraucht wird, weil noch genug da ist, braucht man nicht viel Fantasie. Die bisher von Dänemark nach England exportierten Mengen an Biomilch werden dort nicht mehr gebraucht; praktisch gibt es dafür nur zwei Lösungsansätze, entweder diese Mengen werden nicht mehr erzeugt, oder sie landen zu Niedrigpreisen auf dem deutschen Markt. Wie so oft, wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen.

Derweil feiert Frau Künast die Erfolge ihres neuen Ökosiegels. Die Zahlen über die anwendenden Vermarktungsfirmen sehen auch wirklich gut aus. Aber, wo kommen die Produkte her? Frau Künast hat zwar immer wieder von 20% gesprochen; aber bei der Frage, was sie damit meint, gibt es vier verschiedene Versionen. Einmal meint sie die Warenmenge in den Regalen, wofür sie bei rein deutscher Erzeugung 40% der Fläche benötigen würde. Dann spricht sie von 20% der Fläche, auch von 20% der Betriebe oder auch der Umsätze.

Eines ist längst klar, unsere deutschen Ökobauern sind ihr ziemlich einerlei. Ihr neues Ökosiegel richtet sich nach den Anforderungen des wesentlich laxeren europäischen Rechts. Die Waren sind schon in den Supermärkten, die woanders zu niedrigeren Kosten produziert werden. Sie kommen auch nicht mehr nur aus den EU-Partnerländern. Polen, Tschechien und Ungarn sind längst dabei und auch schon Ökokartoffeln aus Ägypten. Was wohl bei einem Kartoffeltransport aus dem fernen Ägypten aus der ökologischen Gesamtbilanz wird? Vielleicht gibt es da auch Fragen zur Frische der Produkte. Und wer einmal in Ägypten gewesen ist und die dortigen ökologischen Verhältnisse kennt, schüttelt ohnehin den Kopf. Aus einem Land, in dem in Flüssen und Kanälen alle drei bis vier Kilometer verwesende Eselsleichen liegen, sollte man eigentlich lieber andere Dinge importieren und nicht ausgerechnet Nahrungsmittel.

Nicht alle Ökobetriebe sind in Endzeitstimmung, aber viele. Einige haben eine stabile eigene Vermarktung und kommen noch gut zurecht. Aber auch unter ihnen sind etliche, die klagen, weil sie die schlechte Zukunftsperspektive sehen. Am meisten Optimismus hört man noch aus der Demeter-Gruppe, die aber in den letzten Jahren auch die Zahl ihrer Betriebe nicht erhöht hat. Ein eingeschworener fester Kundenstamm ist deren Kapital. In anderen Anbauverbänden wächst inzwischen der Unmut nicht nur über die Siegelpolitik a la Künast, sondern auch über die Förderung. Steigende Sonderförderung der Ökobetriebe erhöht ebenso wie steigende Importe das Angebot und damit den Preisdruck. Forderungen, den EU-Standard auf deutsches Niveau anzuheben, werden erhoben, u.a. vom bayerischen Bauernverband. Was Länder wie Frankreich, die an der jüngsten Entwicklung verdienen, dazu wohl sagen?