Nr. 22 vom 1. Juni 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Selbst die Vertreter der Grünen und des SSW kamen im vorigen Jahr im Kieler Landtag zu dem Ergebnis, dass ein Meldung der Westküste bzw. des Nationalparks Wattenmeer als Welterbe keine geeignete Maßnahme ist. Irene Fröhlich wünscht sich "zur Zeit an der Westküste eine bestimmte Diskussion nicht", nämlich diejenige über die Frage, ob eine Aufnahme der Inseln und Halligen in den Nationalpark sinnvoll ist. Das aber könnte die Folge einer Meldung als Welterbe sein, und darin steckt auch einer von mehreren Sprengsätzen. Es gibt eben bestimmte Dinge, die an der Westküste nicht mehrheitsfähig sind, auch wenn Leute im fernen Kiel sich noch so heiß danach sehnen. Und damit das klar ist, es sind nicht nur die Bauern, die sich vehement gegen die Meldung gewehrt haben. Am Ende einer ausführlichen gemeinsamen Stellungnahme der drei Kreisbauernverbände an der Westküste hieß es: "Die Kreisbauernverbände lehnen die Meldung als Welterbe nach Abwägung aller Vor- und Nachteile ab." Gehen wir in die Einzelheiten der Stellungnahme, war es u. a. die Frage der Inseln und Halligen, die jetzt auch Irene Fröhlich so zu denken gibt und die die Bauern an der Westküste sauber herausgearbeitet haben.

Das Geplänkel im Landtag ist nun schon wieder fast ein Jahr her, ein bestimmter Teil der Diskussion wird aber fortgeführt. Eine neuere Schrift des WWF belegt dies deutlich. Hören wir Ulf von Hielmcrone (SPD): "Das Wattenmeer ist und bleibt eine Naturlandschaft. Sie ist keine Kulturlandschaft." So ähnlich steht es auch in der Machbarkeitsstudie der Trilateralen Wattenmeerkooperation, an der SPD und Grüne so sehr hängen. Das Wattenmeer sei eine untergegangene Naturlandschaft, heißt es dort. Die Oppositionsparteien sind dieser Darstellung massiv entgegen getreten.

Es mag so aussehen, als wenn wir uns hier in einen politischen Streit einmischen. Aber es ist für die Bauern wichtig, eine sachlich fundierte Bewertung vorzunehmen, denn irgendwann wird diese Frage nicht mehr nur in Schleswig-Holstein entschieden. Wenn andere (UNESCO?) nach einer womöglich doch irgendwann erfolgenden Meldung als Welterbe zu der klaren Erkenntnis kommen sollten, dass dort eine Kulturlandschaft unterging, taucht die Frage nach den Inseln und Halligen zwangsläufig wieder auf und u. U. sogar nach der Marsch ostwärts des heutigen Seedeiches. Wir alle wissen, dass die Sache in Esbjerg nicht aufgehoben wurde, sondern nur zwei Jahre aufgeschoben.

Wer sich an der Westküste auskennt, weiß ganz genau, dass es Kulturlandschaft war, die 1362, 1634, 1717, 1825 etc. unterging. Von der Kulturlandschaft des Jahres 1362 gibt es, so paradox dies klingen mag, sogar Fotos. Nach der Überflutung setzte nämlich damals schnell eine Abdeckung mit Schlick ein. Die Schicht wuchs und wuchs und konservierte Pflugfurchen, Sodenbrunnen und vieles mehr. Und erst Jahrhunderte später wurde die Schlickschicht nach Änderung der Strömungsverhältnisse durch das Meer wieder abgebaut. 1938 war es dann so weit. Die Pflugfurchen des Herbstes 1361 lagen frei und blieben immerhin solange erhalten, dass Fotos wie das obige davon gemacht werden konnten. Aus heutiger Sicht mögen es nur Spuren einer Kulturlandschaft sein, aber das, was damals unterging, waren nicht nur Kulturspuren, sondern eine dicht besiedelte Kulturlandschaft.