Nr. 23 vom 8. Juni 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Unterschwellig ging es auch bei dem Nitrofen-Skandal permanent um die Frage der angeblich möglichen 100%igen Sicherheit. Einige sagten, der Ökolandbau habe seine Unschuld verloren. Peter Harry Carstensen ging noch einen Schritt weiter und sagte, der Ökolandbau habe diese Unschuld niemals gehabt; und wenn er damit meint, auch der Ökolandbau habe eine 100%ige Beschaffenheit bei bestimmten Merkmalen niemals garantieren können, wird man ihm zustimmen müssen. Die Ökobauern selbst haben solche Versprechungen auch in aller Regel nicht gemacht. Es waren ideologisch orientierte Nichtlandwirte in bestimmten Umweltverbänden und besonders bei Bündnis 90/Die Grünen, die in dieser Hinsicht den Mund zu voll zu nehmen pflegten, allen voran die von landwirtschaftlicher Fachkenntnis unbeleckte Ministerin Renate Künast. Wenn einem Minister ein Rat von Sachverständigen wegläuft, und er dann immer noch nichts merkt, ist ihm nicht zu helfen.

Zu Wort meldete sich dieser Tage ein anderer Minister. Karl-Heinz Funke gab Zeitungen Interviews und tischte dabei Erinnerungen an die Zeit vor seinem eigenen Rücktritt und damit vor der Wende zu Künast auf. Ganz deutlich wurde er nicht. Aber wer eins und eins zusammen zählen kann, konnte nur einen Schluss ziehen. Wenn für Funke damals sein Verhalten im Zusammenhang mit BSE ein Rücktrittsgrund war, gibt es für Künast derartige Gründe zur Zeit in Mengen. Funke: Ihm sei damals vorgeworfen worden, Deutschland für BSE-frei erklärt zu haben, obwohl es dann doch aufgetreten sei. "Wer damals so argumentiert hat, muss heute sagen: Frau Künast hat den ökologischen Landbau idealisiert, und jetzt ist Gift im Ökofleisch. Wer mir also den Vorwurf gemacht hat, meine Aussage sei leichtfertig gewesen, der muss auch die Tatsache, dass der ökologische Landbau ins Zentrum der Agrarpolitik gerückt wurde, als leichtfertig bezeichnen." Sie habe den Ökologischen Landbau heroisiert, sagte Funke, womit er Recht hat. Ja, sie hat diese von ihr so geliebte Landbauform auf eine Weise ideologisch überhöht, dass es für normal denkende Menschen nicht mehr nachzuvollziehen war. Dabei waren ihr die deutschen Ökobauern, das konnten Sie an dieser Stelle erst vor zwei Wochen in anderem Zusammenhang lesen, ziemlich egal, ihr ging es nur um den Begriff und das ideologische Gebäude, wahrscheinlich sogar nur um grüne Wähler in den Städten. Zweifelhafte Ökoware aus Importen ist ihr lieber als zuverlässigere Ware aus konventioneller deutscher Produktion.

Die deutschen Ökobauern, und auch hier müssen wir Peter Harry Carstensen folgen, können einem leid tun. Sie können nichts dafür, ein Merkmal, das fast alle bisherigen Lebensmittelskandale kennzeichnete. Auch Peter Lorenzen und die nachfolgend von BSE betroffenen Landwirte konnten nichts dafür. Es sind nicht die Bauern, auf die man seine Aufmerksamkeit besonders lenken muss. Und an die Adresse von Frau Künast: es ist auch nicht die Interessenvertretung der Bauern. Wenn Sie jetzt versucht hat, den Bauernverband zum Sündenbock zu machen, muss man sich wirklich fragen, was im Kopf dieser Frau vorgeht. Wir wollen das an dieser Stelle nicht vertiefen. Aber ein wenig hätte sie sich schon mit ihrer eigenen Verantwortlichkeit beschäftigen müssen. Wir erwarten auch von einer Ministerin kein 100%iges Funktionieren, aber die Zeit, in der sie Ihre Probleme durch freches Auftreten lösen konnte, müsste eigentlich irgendwann einmal vorbei sein.