Nr. 24 vom 15. Juni 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Frau Künast sagte, auch bei konventionellen Betrieben werde das Nitrofen-Problem noch auftreten. Wenn auch an konventionelle Betriebe von dem belasteten Futtergetreide geliefert wurde, wird das wohl so sein. Es ist ein alter Hut, dass Ökoware auf beiden Schienen vermarktet wird. Aber was wollte Künast damit sagen? Aus ihrem Munde klingt es wie eine nicht ganz unfrohe Erwartung. Vielleicht meint sie, dass ihr ideologisches Gebäude dann etwas weniger gründlich zusammengebrochen wäre. Dabei übersieht sie eines: Bauern haben immer gewusst, dass es jeden von ihnen treffen kann, wenn Futtermittelkontrollen bei Handel, Staat etc. nicht funktionieren, und sie haben auch immer gewusst, dass es ein 100%iges Kontrollwesen nicht gibt. Es waren Leute vom Schlage Künast, die sich das Traumgebäude von dem unfehlbaren System mit dem Etikett "ökologisch" gebaut hatten. Das Traumgebäude ist eingestürzt, und alle Bauern müssen darunter leiden.

Und Leute vom Schlage Künast sind es dann auch, die jetzt Versuche machen, zu beweisen, dass der Ökologische Landbau "doch" besser ist. Sie übersehen, dass es darum gar nicht geht und machen eine Reihe von Fehlern: Zum einen scheinen sie nicht zu wissen, dass man seriös die Anbausysteme nicht vergleichen kann, sondern nur einzelne Betriebe. Von der ökologischen Wertigkeit her ist die vielgliedrige Fruchtfolge des Ökobetriebes A seinem Nachbarbetrieb B mit Weizenmonokultur sicherlich überlegen. Andererseits übertrifft der Betrieb C beim Nettoenergiegewinn womöglich beide, zumal, wenn er Zuckerrüben in der Fruchtfolge hat. Punktlandungen beim Nährstoffvergleich, wie wir sie bei reinen Ackerbaubetrieben häufig sehen, sind im Milchviehbetrieb nur bei Verringerung der Bodengehalte (sprich: Raubbau) möglich, egal nach welchem System er arbeitet. Den nächsten Fehler machen die Experten ohne Fachkenntnisse dann, wenn sie die einzelnen Kriterien mit Wertigkeiten versehen, die nicht objektiv sein können. Getrieben von der Sucht, die Systeme als ganzes vergleichen zu wollen, arbeiten sie mit Gewichtungen, die im wesentlichen das subjektive Wertesystem des Betrachters reflektieren.

Häufiges Kennzeichen dieser "Vergleicher" ist eben mangelnde Sachkenntnis. Von solcher Qualität waren auch jüngst in den Medien verbreitete Berechnungen zum Wasserverbrauch, die in Zürich angestellt worden waren. Das meiste Wasser werde weltweit bei der Nahrungsproduktion verbraucht, hieß es da. Für ein Glas Orangensaft, das in Europa getrunken werde, würden in Brasilien 25 Gläser Wasser zur Bewässerung benötigt. Wir können das hier nicht nachprüfen, jedenfalls stimmt die Aussage nur dann, wenn der Saft wirklich aus Brasilien kommt und wenn er dort aus bewässerten Plantagen stammt.

Die nächste Aussage der Züricher können wir besser überprüfen. "Für die Produktion von einem Kilogramm Weizen sind 500 Liter Wasser nötig" heißt es in einem Pressetext. Bei einem Hektarertrag von 10 Tonnen (ein Kg pro qm), bei 750 mm Niederschlag und 250 mm Grundwasserneubildung stimmt die Sache rechnerisch genau. Nur, was ist daran schlimm? 500 mm oder 500 Liter pro qm ist der Anteil des Niederschlages, den die Pflanze dem aus Regenwasser stammenden Bodenwasser entnimmt und zum größten Teil verdunstet, damit neuer Regen daraus werden kann, ein geradezu ideales Kreislaufsystem. Wirklich verbraucht in diesem System sind ca. 150 g Feuchtigkeit im Weizen, die aber für den Backprozess noch nicht einmal ausreichen. Die Züricher hätten sich besser damit beschäftigen sollen, was andere mit dem unter unserem Weizen neu gebildeten qualitativ hochwertigen Grundwasser in verschwenderischer Weise machen. Aber im Moment werden eben Argumente gegen die Landwirtschaft gebraucht.