Nr. 37 vom 14. September  2002

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

 

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

 

Logisch ?

 

Wenn Greenpeace hustet, zittert die Internationale Walfangkommission. Und dieser Kommission wurden 1992 von der Konferenz von Rio in der Agenda 21 nicht nur Erforschung und Schutz, sondern auch die Bewirtschaftung der Wale übertragen. Dabei ist die Bewirtschaftung allerdings auf der Strecke geblieben (siehe obiger Husten). Gefangen werden darf nicht mehr "kommerziell", was eigentlich ein anderes Wort für Bewirtschaften ist. Gefangen werden darf nur noch zu "wissenschaftlichen" Zwecken. Wenn Japan beispielsweise manchmal erkennbar etwas mehr tut, steht das international am Pranger.

 

Im Gegenzug haben die Japaner bei der letzten Internationalen Konferenz die Engländer gefragt, ob sie denn nun auch mit der Jagd von Hasen oder Rehen aufhören wollen, oder wo da der Unterschied sei. Bei den Walarten, die nicht gefährdet sind, gibt es diesen Unterschied nämlich objektiv gesehen nicht. Und wenn die Japaner Zwergwale fangen wollen, die so heißen aber mit ihren bis zu 14 Tonnen Gewicht alles andere als Zwerge sind, geht es um eine solche Art. Hunderttausende von ihnen bevölkern die Weltmeere, und es sollen inzwischen mehr als vor der Zeit des Walfangs sein (Kosmos-Naturführer). Zwei Millionen Pottwale soll es geben, der schwerste bisher gefangene wog 57 Tonnen. Sie sind zwar nicht gleichmäßig über die Weltmeere verteilt, stellt man sie sich aber gleichmäßig verteilt vor, lebten auf jedem Meeresstück von der Größe des Landes Schleswig-Holstein etwa 100 von ihnen.

 

Zu den gefährdeten Arten, deren Bejagung weder Norweger noch Japaner wollen, gehören in unserer Nähe der Grönlandwal mit etwa 10000 und besonders der Nordkaper mit weniger als 1000 Exemplaren. Populationssystematiker nehmen bei diesen Größenordnungen höchste Gefährdung an, da Wale nur geringe Reproduktionsraten haben und irgendwann viele in Teilpopulationen lebenden wegen der großen Entfernungen keine Paarungspartner mehr finden. Die Teilpopulation schrumpft auf ein, zwei oder drei Tiere desselben Geschlechts und die nächste Teilpopulation ist weit entfernt.

 

78 Walarten gibt es laut Kosmos-Naturführer (Ausgabe 1997). Wenn das stimmt, sind es seit voriger Woche 79. Gefunden hatte man das eine Exemplar schon vor längerer Zeit an der Küste Kaliforniens. Das Tier hatte große Ähnlichkeit mit dem 4 bis 5 Meter langen Hektor-Schnabelwal, der allerdings nur auf der südlichen Halbkugel vorkommt. Mit DNA-Analysen wurde inzwischen von neuseeländischen Wissenschaftlern nachgewiesen, dass es sich bei dem in Kalifornien gestrandeten Tier tatsächlich nicht um einen Hektor-Schnabelwal sondern um den Vertreter einer neuen Art handelte. Wenn man ihn und seine Vorfahren bisher übersehen hat, gibt es ja vielleicht auch einige bisher übersehene heutige Artgenossen. Wenn nicht, hätte Greenpeace die erste ausgestorbene Walart (Wie gewonnen, so zerronnen). Für die Populationssystematiker kann die neu gefundene Art ohnehin keine Chance haben; denn, wenn 1000 bekannte Individuen für den Fortbestand der Art nicht ausreichen, reicht eines - zumal tot - um so weniger. Vielleicht irren sich die Systematiker ja auch. Und, was noch wichtiger ist, vielleicht sind die meisten Schätzungen untertrieben. Immerhin starben an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste 1988 mehr Seehunde als der vorher geschätzte Gesamtbestand. Und dabei ging es um Schätzungen sozusagen vor der Haustür.