Nr. 42 vom 19. Oktober 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Wenn noch vor 20 Jahren an der Nordseeküste das Wort "Schutz" fiel, wäre niemand auf den Gedanken gekommen, dabei nicht auch oder sogar in erster Linie an den Küstenschutz zu denken. Inzwischen gibt es selbst staatliche Förderrichtlinien, in denen es zwar um die Küstenzonen geht, in denen aber in den einleitenden Sätzen nur vom Schutz vor dem Menschen die Rede ist. Und wenn dann Vorschläge für ein Küstenzonenmanagement gemacht werden, spielt die Landwirtschaft überhaupt keine Rolle mehr. Im Gegenteil, einer der Vorschläge ist dann die Vernässung von Küstenzonen, also die Beseitigung agrarischer Produktionsbedingungen. Im Übrigen will man die Küstenzonen durch Lehrpfade, Science-Centers u. ä. Einrichtungen beleben. Mit Wirtschaft und Wertschöpfung hat das alles wenig zu tun.

Dahinter steckt u. a. die Europäische Kommission, von der große Teile der Fördermittel auch stammen. Aus einem Papier der Kommission zu diesem Thema folgendes Zitat: "Europas Küstenregionen, in denen derzeit fast die Hälfte der Bevölkerung der Europäischen Union lebt, (und zwar maximal 50 km von der Küste entfernt) sind ständigen Belastungen ausgesetzt. Die Ressourcen dieser Regionen haben einen beträchtlichen Anteil an wirtschaftlichen Wohlstand der Union. Fischerei, Schifffahrt und auch die Fremdenverkehrsindustrie konkurrieren um den lebenswichtigen Raum entlang der europäischen Küstenlinie, deren Gesamtlänge auf 89.000 km geschätzt wird. Diese Küstengebiete beherbergen außerdem einige der empfindlichsten und wertvollsten natürlichen Habitate Europas."

Um Landwirtschaft geht es dabei also erkennbar gar nicht, obgleich in diesem Küstensaum von 50 km Breite große Teile der europäischen Landwirtschaft liegen, darunter einige der ertragreichsten Regionen. Landwirtschaft existiert in solchen Papieren nur noch als Störenfried. Hierzu folgendes Zitat aus dem Kommissionspapier: "Die Küstenzonen der EU sehen sich häufig auch durch politische Maßnahmen betroffen, die auf den ersten Blick überhaupt nichts mit ihnen zu tun haben. Die gemeinsame Agrarpolitik der EU hat z. B. einen Einfluss darauf, welche Mengen tierischer Exkremente regelmäßig aus der intensiven Schweine- und Rinderhaltung in die Ströme und Flüsse eingetragen werden." Hierzu nur zwei Bemerkungen:

Wenn die Zahl 89000 km stimmen sollte, würde sich rechnerisch bei 50 km Breite eine Fläche ergeben, die das zehnfache der Fläche Deutschlands überschreitet. Tatsächlich mag es weniger sein, zumal nicht alle Inseln über 100 km breit sind, aber etwas mehr als Fischerei, Schifffahrt und Fremdenverkehrsindustrie gibt es da schon.