Nr. 46 vom 16. November 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Die Energiefrage hat Prof. Dr. Fritz Vahrenholt in einem Beitrag für das VDL-Journal als wichtigste Herausforderung bezeichnet und dabei besonders betont, dass regenerative Energien insbesondere auch heimische Energieträger sind. Wir wissen: Der heutige Energiemix kann nicht fortgeschrieben werden. In 15 bis 20 Jahren werden Knappheiten zu erheblichen Verteuerungen führen, so haben wir es auf der letzten NORLA auch von Prof. Radermacher gehört. Und wenn die herrschende Meinung unter den Klimaforschern stimmt, werden die durch Kohlendioxid ausgelösten Klimaveränderungen eine Drosselung der Verbrennung fossiler Brennstoffe weit vorher nötig werden lassen.

Langfristig spricht fast alles für kohlendioxidfreie Energien. Aber auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben gezeigt, wie verletzlich die geopolitische Lage ist, wie schnell sich die Abhängigkeiten von den öl- und gasfördernden Staaten auf die Industriegesellschaften auswirken können. Immerhin 70 Prozent der Ölreserven liegen in der strategischen Ellipse von Kasachstan bis zum Persischen Golf. Ja, regenerative Energien sind auch heimische- Energieträger. Dass sie vor der Schwelle zur Wettbewerbsfähigkeit stehen, hat sich bis Shell, BP und General Electric herumgesprochen.

Die Kosten der Windenergie haben sich in Deutschland in den letzten zehn Jahren halbiert. In der Zukunft sind Kostensenkungen um drei Prozent pro Jahr denkbar. Die Windenergie wird in diesem Jahr hierzulande einen Anteil an der Stromversorgung von vier Prozent liefern, 2010 wird sie mit dem Ausbau der Offshore Windparks zehn Prozent ausmachen. Weltweit entsteht ein gigantischer Markt. Und deutsche Firmen stoßen in die Spitzengruppe vor, drei der größten zehn Hersteller kommen aus Deutschland.

Wie sieht es mit der Biomassenutzung aus? Biomassekraftwerke schießen in Deutschland wie Pilze aus dem Boden. Auf der Seite der Kraft- und Heizstoffe kann bis 2010 ein Anteil von sieben Prozent Biokraftstoff erreicht werden, auch das lesen wir bei Vahrenholt. Auch hier haben wir die Nase vorn. Die Solarenergie wird in Deutschland in den nächsten beiden Dekaden einen eher bescheidenen Beitrag zur Stromversorgung leisten. In den sonnenreichen Teilen der Dritten Welt mag das anders sein.

Stiller geworden ist es um die Kernenergie. Wer, wie wir, Biomasse verkaufen möchte, hat kein Interesse daran, der Kernenergie das Wort zu reden. Interessant ist aber, wie in der Politik darüber gedacht wird. Das VDL-Journal hat in seiner oben erwähnten Schwerpunktausgabe hierzu Politiker von der Union, der SPD, der FDP und den Grünen befragt. Ein klares Nein von den Grünen, zu gefährlich und zu teuer sagen sie. Eher formal, aber genau so ablehnend kam es von der SPD; mit der Novelle des Atomgesetzes sei der Atomausstieg Gesetz. Die Union will die Option auf die Kernenergie offen halten, allerdings nicht in Konkurrenz zu den erneuerbaren Energien. Ein Ausstieg aus der Kernenergie löse nicht die Klimaproblematik, schaffe aber Abhängigkeit Deutschlands vom Ausland. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für fortgeschrittene Reaktorsysteme müssten fortgeführt werden. Von der FDP klang es ähnlich, ergänzt um den Hinweis, dass es bei Rot-Grün kein klares energiepolitisches Gesamtkonzept gebe und man allein deswegen sich nicht völlig von der Kernenergie abwenden dürfe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der beabsichtigte Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie die Weiterentwicklung der angewandten nuklearen Sicherheitstechnik beeinträchtige.