Nr. 29 vom 19. Juli 2003

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

In den Ländern, in denen der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bereits in den zurückliegenden Jahren nennenswerte Flächenanteile einnahm, hat er sich auch im Jahre 2003 weiter erhöht. So ist z. B. der Anteil von GV-Sorten am Gesamtanbau von Soja in den USA von 75 auf 80 % gestiegen.

Auch die Forschung ist in jüngster Zeit stark vorangekommen. Zwar noch im reinen Forschungsstadium sind einige interessante Entwicklungen beim Kaffee: Dabei geht es in erster Linie um den Versuch, genetisch entkoffeinierte Sorten zu züchten. Kaum jemand dürfte sich klar machen, dass er beim Genuss von entkoffeiniertem Kaffee ein Produkt genießt, das seine Eigenschaften erst durch eine Behandlung mit organischen Lösungsmitteln bekommen hat. In Japan hat man aber jetzt einen Kaffeestrauch gezüchtet, der einen um 70 % geringeren Koffeingehalt in den Blättern aufweist. Auf die Beantwortung der Frage, ob die Reduzierung in den Bohnen genauso weit geht, wird man noch ein paar Jahre warten müssen. In drei bis vier Jahren werden diese Pflanzen groß genug sein, um Kaffeebohnen von ihnen ernten zu können. Ein Nebenprodukt der Forschung an entkoffeiniertem Kaffee ist die Idee der Forscher, bei anderen Pflanzen den Koffeingehalt zu erhöhen, denn Koffein ist vermutlich im Kaffee durch die Evolution deshalb entstanden, weil es ein gutes Abwehrmittel gegen Pflanzenschädlinge ist.

Näher an der Praxisreife ist eine andere, weit wichtigere Entdeckung. Gerade in den Ländern, in denen die Menschen am ärmsten sind, ist Maniok, den wir in Form von Tapioka-Schnitzeln in der Fütterung einsetzen, ein wichtiges Grundnahrungsmittel für die Menschen. Gerade für die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern, die in vielen Fällen ohne moderne Hilfsmittel auskommen muss, ist diese Pflanze gut geeignet. Maniok, oder auch Cassava genannt, überlebt ausgedehnte Trockenperioden, wächst auf mageren Böden und kann über das ganze Jahr angepflanzt und geerntet werden. Cassava-Pflanzen bilden aber in ihren Knollen eine Substanz mit Namen Linamarin, die bei Verzehr das hochgiftige Zyanid freisetzt. Sie dient zur Abwehr von Fraßschädlingen. Mit traditionellen Bearbeitungsverfahren kann der Linamarin-Gehalt zwar stark reduziert werden. Dieser Prozess ist aber zeit- und arbeitsaufwendig, und bei der traditionellen Bearbeitung gehen außerdem fast 25 % der Ernte durch mechanische Einwirkungen verloren. Trotzdem gelingt es nicht immer, die Blausäure vollständig zu entfernen. Die Folge sind teils chronische Vergiftungen, die z. B. zu Kropfbildung, Kümmerwuchs oder bestimmten Formen von Zuckerkrankheit führen.

Eine amerikanische Forschergruppe hat nun eine Cassava-Pflanze erzeugt, deren Linamarin-Gehalt in den Blättern um 40 % und in der essbaren Knolle um 99 % gesenkt wurde. Die Forscher nehmen an, dass damit weiterhin ausreichend Blausäure in den Blättern zur Abwehr von Schädlingen vorhanden ist, die Knollen aber ohne die bisherigen Risiken, ohne die bisherigen Verluste und ohne die bisherigen aufwendigen Maßnahmen gut für den Verzehr geeignet sind. Es sollen jetzt Feldversuche anlaufen, in denen diese Annahme überprüft wird.