Nr. 26 vom 2. Juli 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Unsinnige Äußerungen werden meist dadurch entlarvt, dass der in ihnen steckende Unsinn als solcher entdeckt wird. Das geschieht aber nicht immer. Es gibt eine Regel, nach der man sich um so gröberen Unfug leisten kann, je größer die Autorität ist, mit der man auftritt. Wenn man zum Beispiel Kreisvorsitzender eines der großen Umweltschutzverbände ist, kann man folgende Aussage machen:

"Die Lösung des Klärschlammproblems geschieht am besten dadurch, dass man den Klärschlamm auf landwirtschaftliche Felder verbringt." Sicherlich gibt es für eine solche Aussage gute Argumente, die hier auch nicht gegen Gegenargumente abgewogen werden sollen. Interessant ist lediglich, dass eine solche Äußerung von einem Verband kommt, der sich auch schon für eine vollständige Umstellung der Landwirtschaft auf den ökologischen Landbau ausgesprochen hat, eine Wirtschaftsform, bei der der Einsatz von Klärschlamm verboten ist; und dies sogar staatlich, wenn Fördermittel in Anspruch genommen werden.

Der betreffende Kreisvorsitzende hat aber noch mehr gesagt: "Wenn man den Klärschlamm statt dessen verbrennt, gelangen die Schadstoffe auch in die Luft und letztlich auf die landwirtschaftlichen Felder. Dann kann man sie auch gleich dahin bringen." Abgesehen davon, dass eine solche Äußerung fast zynisch ist und jedenfalls von Geringschätzung für Landwirte zeugt, ist sie auch von unglaublich geringen Fachkenntnissen getragen.

Beim Klärschlamm geht es einmal um die Schwermetalle, die sich keineswegs bei einer Verbrennung in der Abluft befinden müssen. Sie können dort herausgefiltert werden oder sie bleiben in der Asche. Hinzu kommt, dass beim Klärschlamm die Schwermetalle gar nicht das Hauptproblem sind, sondern die bisher unbekannten organischen Stoffe. Immerhin war auch Dioxin vor 20 Jahren ein unbekannter Stoff. Diese können bei geeigneter Verbrennungstechnik geknackt werden, d. h., sie können in ungefährliche Substanzen umgewandelt werden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Dies soll kein Plädoyer für die Verbrennung von Klärschlamm sein, es soll nur zeigen, wie viel es im Bereich des Umweltschutzes für einige noch zu lernen gibt. Hoffentlich packen sie´s an.