Nr. 37 vom 17. September 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die im schleswig-holsteinischen Handel angebotenen Babynahrungsprodukte sind einwandfrei. Mit dieser Feststellung wandte das Kieler Umweltministerium sich vor einigen Wochen an die Presse und wies überzeugend darauf hin, dass keine Pestizidrückstände gefunden worden seien und dass auch die Nitratgehalte weit unterhalb des Grenzwertes von 250 Milligramm pro Kilogramm gelegen hätten. Dieser Grenzwert, der im übrigen unter Beachtung größter Sicherheitsmargen geschaffen worden ist, wurde auch von den höchsten Messergebnissen bei, weitem nicht erreicht. Der höchste Wert hatte bei 157 Milligramm gelegen.

Soweit ist die Sache schlüssig und logisch. Gesprengt werden die Grenzen der Logik allerdings dann, wenn man einen Vergleich mit dem entsprechenden Grenzwert für Trinkwasser zieht, der bei nur 50 Milligramm pro Kilogramm liegt. Überschreitungen dieses Grenzwertes oder Werte, die diesem Grenzwert nahe kommen, haben wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Wir müssen also zur Kenntnis nehmen: Nebeneinander stehen zwei Behälter. Der eine Behälter enthält Babynahrung mit 251 Milligramm pro Kilogramm Nitrat, der andere enthält Trinkwasser mit 51 Milligramm pro Kilogramm Nitrat. Beide Inhalte sind für den entsprechenden Zweck nicht mehr zugelassen. Mischt man sie allerdings zusammen, ist das Ergebnis eine Babynahrung mit erheblicher Unterschreitung des Grenzwertes, einer größeren Unterschreitung als bei dem höchsten Analysenwert laut Pressemitteilung des Kieler Umweltministeriums.

Wer nun allerdings aufgrund dieses paradoxen Vergleichs annimmt, der Grenzwert für Trinkwasser könnte angehoben werden, der kennt unsere Politiker noch nicht. Grenzwerte werden nämlich häufig nicht nach sachlichen Gesichtspunkten festgelegt; sie entstehen oft unter dem irrationalen Druck einer irgendwie erzeugten öffentlichen Meinung. Dieses Phänomen findet man übrigens nicht nur bei der Festlegung von Grenzwerten, dass Grundlagen politischer Entscheidungen nicht an der Sache, sondern an der öffentlichen Meinung orientiert sind.