Nr. 13 vom 01. April 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In der Diskussion um Landwirtschaft und Umwelt spielen die Stickstoffverluste bei der Landbewirtschaftung eine große Rolle. Sie sind auch in der Tat ein ernstzunehmendes Problem, und zwar nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch für den Landwirt.

Für die Landwirte gibt es in dieser Diskussion allerdings noch weitere Probleme. Es gibt bei dieser Thematik eine Reihe von Fehleinschätzungen, die die Landwirte unter der Rubrik "Zweierlei Maß im Umweltschutz" einordnen.

Zum einen, und darüber ist an dieser Stelle schon gesprochen worden, geht es um die Verluste an Pflanzennährstoffen beim Verbraucher, über ein Drittel aller in Deutschland geernteten Pflanzennährstoffe gelangen in Verbraucherhand und gehen dort - bis auf geringe Mengen über den Klärschlammeinsatz - verloren.

Der zweite kritische Punkt ist die Art der Darstellung der Verluste in der Landwirtschaft, der man häufig begegnet. Es ist nicht jeder Nährstoffverlust vermeidbar, und es kann deshalb auch nicht jeder Nährstoffverlust Anlass zur Kritik sein. Hinzu kommt, dass in der öffentlichen Darstellung häufig die angeführten Nährstoffbilanzen nur den Düngungsaufwand und den Entzug durch die Ernte miteinander vergleichen. Übersehen wird dabei, dass es in den letzten Jahrzehnten bei uns zu einer permanenten Anreicherung der Ackerböden mit Nährstoffen gekommen ist. Diese Nährstoffe sind nicht verloren, ihre Anreicherung ging vielmehr einher mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit unserer Ackerböden. Das augenfälligste Phänomen ist dabei die Vertiefung der Ackerkrumen. Zu Zeiten, als die Möglichkeiten der Nährstoffanreicherung der Böden nicht gegeben waren, war es ein schlimmer Kunstfehler "toten Boden" nach oben zu pflügen. Im Zeitalter reichlich vorhandener Pflanzennährstoffe ist eine Vertiefung der Ackerkrume im Rahmen guter fachlicher Praxis überall erfolgt. Wenn Nachhaltigkeit das Gegenteil von Raubbau ist, haben wir es hier mit einer erwünschten Nachhaltigkeit der Nutzung zu tun. Es ist also nicht alles Verlust, was in Bilanzen als Verlust ausgewiesen wird. Dies hat sich in jüngster Zeit auch in Ökologenkreisen herumgesprochen, und es ist zu einem aktuellen Thema nicht zuletzt auch dadurch geworden, dass wir im Zeitalter der Flächenstilllegung häufig über das Gegenteil diskutieren. Stilllegungsflächen werden überhaupt nicht gedüngt. Sie können also keine über den Entzug hinausgehende Düngung haben. Und doch gibt es bei solchen Flächen gelegentlich Verluste.

Vor diesem Hintergrund ist in Deutschland auch die nach EU-Recht durchaus mögliche Zulassung der Schwarzbrache auf Stilllegungsflächen nicht zugelassen worden.

Es bleibt also festzuhalten, dass nicht alles, was in Bilanzen als Verlust ausgewiesen wird, auch tatsächlich ein Verlust ist. Andererseits gibt es durchaus Verluste, wo ein Überschuss der Nährstoffzufuhr über den Entzug nicht vorliegt. Auch in diesem Bereich sind Ökologen also gut beraten, wenn sie landwirtschaftlichen Sachverstand in ihre Beurteilungen mit einbeziehen.