Nr. 15 vom 15. April 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gab Zeiten, in denen die Vertreter des ökologischen Landbaus und des konventionellen Landbaus einander gelegentlich unsachlich und mit dem Ziel der gegenseitigen Herabsetzung begegneten. Diese Zeiten sind längst vorbei und an die Stelle unsachlicher Diskussionen ist eine vernünftige Art der Auseinandersetzung getreten, die hauptsächlich davon getragen wird, dass beide Richtungen das Ziel anstreben, ökologisch immer noch besser zu werden. Von dieser Haltung getragen war auch ein Beitrag von Helmut Lamp in der ersten April-Ausgabe des "Bauernblattes".

Abwägende sachliche Diskussionen zeichnen sich dadurch aus, dass Vorteile und Nachteile vorurteilsfrei miteinander verglichen werden. So hat es auch Helmut Lamp in seinem Beitrag zum Bericht der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" gehalten. Lamp bescheinigt dem ökologischen Landbau Vorteilhaftigkeit in Fragen des Naturschutzes. Eine eventuelle bundesweite Umstellung auf den ökologischen Landbau hat er allerdings energiepolitisch als Desaster bezeichnet. Diesen Hinweis haben mehrere Leser als Angriff auf den ökologischen Landbau missverstanden. Die Reaktionen waren dabei unterschiedlich. Die einen reagierten heftig aber ohne Argumente. Andere argumentierten u. a. mit ausländischen Versuchsergebnissen und nannten dabei Prozentzahlen.

In absoluten Zahlen und auf die gesamte deutsche Landwirtschaft bezogen ergibt sich folgendes Bild: Überträgt man die Produktionszahlen der Betriebe des ökologischen Landbaus in Deutschland auf die gesamte deutsche Landwirtschaft, dann simuliert man praktisch eine vollständige Umstellung auf den ökologischen Landbau.

Bei einer solchen Betrachtung stammen die Ertragszahlen aus dem Agrarbericht der Bundesregierung und die Energieaufwandszahlen aus dem Enquete-Bericht des Bundestages. Bei diesem Denkmodell ergäbe sich auf der Erzeugungsseite eine Energieeinsparung von 234 Peta-Joule, aber auch ein Energieminderertrag von 1260 Peta-Joule.

Diese Energieeinbuße von per Saldo rund 1000 Peta-Joule, die dem doppelten Gesamtenergieverbrauch des Landes Schleswig-Holstein entspricht, lässt sich nicht hinwegdiskutieren.

Schwachstellen gibt es in jedem System, und zu einer sachlichen Diskussion gehört, dass man Schwachstellen im eigenen System auch eingesteht. Im übrigen ist die Aufregung bei Lamps Kritikern unnötig. Denn die Annahme einer völligen Umstellung auf den ökologischen Landbau, wie der Enquete-Bericht sie eigenartigerweise fordert, ist ohnehin völlig irreal. Es gibt niemanden, auch nicht bei den AGÖL-Verbänden, der dies in absehbarer Zeit für machbar hält, nicht zuletzt aus Marktgründen. Warum also Aufregung, wenn derart irreale Vorstellungen des Enquete-Berichts fachlich widerlegt werden?

Eines taucht übrigens bei derartigen Diskussionen immer wieder auf, das Argument über den angeblich hohen Energiebedarf bei der Herstellung von mineralischem Stickstoffdünger. Die Wahrheit ist jedoch, dass mineralischer Stickstoffdünger eine Energiebilanz vom Feinsten hat: Ein Kilogramm N in mineralischer Form erfordert für die Herstellung etwa ein Kilogramm Öl. Ausgeglichen wäre die Bilanz demnach, wenn bei einem Mehraufwand von 10 Kilogramm N ein Mehrertrag von nur 20 bis 30 Kilogramm pflanzliche Trockensubstanz erzielt würde. Tatsächlich betragen die Mehrerträge aber weit mehr als das 10fache davon. Schaut man also auf die Energiebilanz, gehört der Einsatz von mineralischem Stickstoff nicht zu den Schwachstellen des konventionellen Landhaus sondern zu seinen Stärken.