Nr. 18 vom 6. Mai 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Reiner Latten, der Umweltsprecher des Deutschen Bauernverbandes, wurde vor einiger Zeit von der Organisation Greenpeace zu einer Diskussionsrunde über "Trinkwasser und Pestizide" eingeladen. Latten sagte zu, allerdings unter der Bedingung, dass Greenpeace statt des üblichen Honorars und der Reisekosten einen Geldbetrag an das Erzbistum Köln zur Bekämpfung der Pest in Indien zahlen sollte, weil dort Mittel gegen die Pest dringend benötigt würden. Mit dem Hinweis, dass dafür keine Gelder zur Verfügung ständen, hat Greenpeace dies abgelehnt und Latten hatte einen Termin in seinem Kalender eingespart.

"Ich habe ein Monster geschaffen" hat der eigentliche Gründer von Greenpeace, Bennet Metcalfe, der sich längst aus dieser ursprünglich von ihm als idealistische Umweltbewegung geschaffenen Organisation zurückgezogen hat, erklärt.

Von Greenpeace heißt es, dass sie allein in Deutschland jährlich über 60 Millionen DM aus Spenden und Bußgeldern einnehmen. Die Fördergemeinschaft Integrierter Pflanzenbau hat dies auf die Formel gebracht, "Umsatz, nicht Umwelt ist das eigentliche Ziel dieses Öko-Konzerns."

Der Geschäftsführer von Greenpeace, Thilo Bode, hat es so gesagt: "Es kommt weniger auf die Rangordnung der Probleme an, sondern darauf, wie sich am besten ein öffentlicher Konflikt gestalten lässt."

Friedrich Dürrenmatt sagte einmal: "Ideologie ist Ordnung auf Kosten des Weiterdenkens". Die größte Umweltschutzgruppe in Deutschland lässt offenbar das Denken nur in eine Richtung zu. Wenn Spendenmittel nicht Greenpeace, sondern dem Erzbistum Köln zugeführt werden und dann auch noch zu einem Zweck, der offensichtlich nicht bei Greenpeace in die Linie passt, wird abgeblockt nach dem Motto: Die Aktionen von Greenpeace sind gut, und der Kampf gegen die Pest in Indien ist nicht so wichtig.

Man fragt sich, wo es hinführen soll, wenn eine derartige Organisation, der es nach eigenem Eingeständnis nicht um Objektivität geht, sondern um die Frage, wie man am besten öffentliche Konflikte gestalten kann, in Deutschland immer mehr Einfluss erlangt. Immerhin hat diese Organisation mit Frau Griefahn bereits eine amtierende Umweltministerin in ihren reihen. Zu hoffen bleibt, dass Greenpeace keine Nachahmer findet. Für den Naturschutz in Deutschland wäre das furchtbar, weil es die große Fülle vernünftiger Ansätze von sachbezogener und kooperativer Arbeit im Sinne des Natur- und Umweltschutzes zerstören könnte.

Einem Trugschluss sollte man nämlich nicht unterliegen. Es geht in Deutschland nicht mehr vorrangig um die Schaffung von Umweltbewusstsein, sondern um vernünftige Umsetzungen. Wer immer wieder nichts anderes tut als aufzurütteln, gerät bald unter den verdacht, unter Rütteln hauptsächlich die Bewegungen des eigenen Spendentopfes zu verstehen.