Nr. 21 vom 27. Mai 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Wenn es um ökologische Zusammenhänge geht, wird heutzutage viel dummes Zeug geäußert. Nun ist irren menschlich, und es steht auch jedermann frei, seine Vorurteile so intensiv zu pflegen, wie er gerne möchte.

Problematisch ist es allerdings, wenn falsche Behauptungen unter dem Etikett angesehener Behörden verbreitet werden. Diejenigen in der Landwirtschaft, die sich in den letzten Jahren für nachwachsende Rohstoffe eingesetzt haben, wissen davon ein Lied zu singen. Das hochangesehene Umweltbundesamt in Berlin lieferte, insbesondere zum Anbau von Raps als nachwachsender Rohstoff, eine falsche Meldung nach der anderen. Da wurden Abgaswerte, die gar nicht aus Versuchen mit RME stammten, bei der Diskussion um RME ins Feld geführt, und es gab Gutachten zur angeblichen Lachgasproblematik, obgleich es zu Lachgas beim Rapsanbau nicht die kleinsten Versuchsergebnisse gibt und zahlreiche theoretische Überlegungen dafür sprechen, dass die Lachgasproblematik beim Anbau von Raps im Vergleich eher gering ist.

Jüngst nun musste die Autorität der Gesundheitsämter für ökologische Falschmeldungen herhalten. Der Vertreter eines Gesundheitsamtes, so war es in den Zeitungen zu lesen, hatte folgenden Ausspruch getan: "Alles was man oben raufschmeißt, kommt irgendwann unten wieder raus."

Diese Äußerung, nach den Zeitungsmeldungen im Zusammenhang mit den angeblichen Folgen übermäßigen Gebrauchs von Agrarchemikalien für Grund- und Trinkwasser, ist rundum falsch. Soweit es um Düngemittel geht, kann ohnehin nur das in den Untergrund gelangen, was nicht vorher von den Pflanzen als Nährstoff gebunden wurde. Aber auch die überschüssigen Mengen, die jeder vernünftige Landwirt schon aus ökonomischen Gründen vermeidet, gelangen nur insoweit in den Untergrund, wie sie nach ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften dafür geeignet sind. Bei den Hauptnährstoffen ist es in nennenswerten Mengen nur der Stickstoff und auch dieser nur in bestimmten Erscheinungsformen.

Bezüglich der Pflanzenschutzmittel ist die Kassandra-Meldung aus dem Gesundheitsamt ebenso problematisch. Es kommt eben nicht alles unten an. Es kommt vielmehr in den größten Teilen unseres Landes nichts unten an, und dort, wo man im Grundwasser bisher Pflanzenschutzmittel gefunden hat, sind es so geringe Mengen, dass nicht nur das Wort "alles" eine maßlose Übertreibung ist. Die Übertreibung ist so groß, dass man sie schlicht als Lüge bezeichnen kann.

Als dieser grobe Unfug aus dem Gesundheitsamt in den Zeitungen zu lesen war, wunderte sich niemand mehr, wie es geschehen konnte, dass erst jüngst eine nicht nur überzogene, sondern völlig unhaltbare Pressekampagne offensichtlich durch Material aus Gesundheitsämtern gespeist war. Gerade in den Gesundheitsämtern aber sollte das nötige Fachwissen über die im Vergleich mit anderen Risikofaktoren unüblich strengen Trinkwassergrenzwerte für Pflanzenschutzmittel vorhanden sein. In einem Land, in dem Politiker versagen, indem sie Regeln schaffen, nach denen im Trinkwasser 400 mal soviel Zyankali sein darf wie Pflanzenschutzmittel, die nicht giftiger sind als Kochsalz oder Körperpflegemittel, sollten doch jedenfalls Fachbehörden ihre Äußerungen auf Fachwissen stützen.