Nr. 23 vom 10. Juni 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Als die Diskussion um den Einsatz von Rapsöl als Motorentreibstoff noch in den Anfängen war, haben wir alle viel gelernt. So war es eine wichtige Erkenntnis, dass offensichtlich das Rapsöl in veresterter Form sich besser eignete als das reines Rapsöl, insbesondere auch im Hinblick auf deutlich bessere Abgaswerte. Inzwischen spricht über diese Anfangsschwierigkeiten kaum noch jemand. Selbst die teilweise lächerliche vom Umweltbundesamt ausgelöste Diskussion zum Thema Lachgas scheint sich inzwischen erledigt zu haben.

Störfeuer dieser und anderer Art gab es anfangs hinreichend. Eines der damals gehandelten Horrorargumente gegen Rapsmethylester ist durch unlängst veröffentlichte Versuchergebnisse noch einmal aktuell geworden. Es ging dabei um das lancierte Gerücht, das bei der Rapsölveresterung entstehende Glyzerin führe zu einem riesigen Abfallproblem.

Die, die dieses Gerücht in die Welt gesetzt haben, wussten selbstverständlich, dass Glyzerin derzeit einen Marktpreis von 600 DM pro Tonne hatte. Sie argumentierten aber, dass durch Rapsmethylveresterung die Glyzerinmengen auf dem Markt so ansteigen würden, dass der Markt nicht mehr aufnahmefähig sei und schließlich ein großes Abfallproblem entstehe.

Dr. Scharmer und andere sind damals entgegengetreten und haben darauf hingewiesen, dass Glyzerin als Futtermittel geeignet ist, süß schmeckt und einen Energiegehalt in der Größenordnung von Stärke bzw. Zucker hat. Damit wurden die Störabsichten gegenüber RME vereitelt, und heute wissen wir durch Versuchsergebnisse, dass Glyzerin nicht nur als Futtermittel geeignet ist, sondern Futtermischungen sogar besonders vorteilhaft macht.

Ein Preis von 600 DM pro Tonne ist dabei selbstverständlich nicht zu erzielen, aber es ist eben beleibe auch kein Abfallproblem. Die Versuche an der Humboldt Universität in Berlin haben für Schweine eine Verbesserung der täglichen Zunahme ergeben, wenn 5 Prozent oder 10 Prozent Glyzerin im Futter enthalten waren. Schlecht schnitten allerdings die Mischungen mit 20 Prozent und 30 Prozent Glyzerin ab; bei diesen hohen Glyzerinanteilen war die tägliche Zunahme schlechter als bei dem glyzerinfreien Futter. In der Rindermast gab eine vierprozentige Beimischung von Glyzerin in der Ration ebenfalls bessere tägliche Zunahmen, die dort allerdings statistisch nicht signifikant waren. Signifikant war im Rindermastversuch allerdings die leichte Erhöhung der Propionsäure, so dass auch im Rindermastversuch sich gute Resultate ergaben.

In der Fütterungspraxis wird Glyzerin zunächst keine Bedeutung erlangen, da es gegenwärtig noch zu teuer ist. Die Kieler RME-Anlage hat allerdings auch nicht mit 600 DM pro Tonne, sondern mit Futterwertpreisen kalkuliert.