Nr. 27 vom 8. Juli 199
Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg
Autor Dr. agr. Hans
Peter Stamp
Logisch?
Die Umstellung auf Biodiesel, so hatten die Grünen im
Deutschen Bundestag unlängst mitgeteilt, sei keine umweltadäquate
Lösung. Drei Argumente brachten sie vor:
- Im Vergleich zu
anderen nachwachsenden Rohstoffen habe Biodiesel eine
vergleichsweise schlechte Energieeffizienz. Vergleicht
man mit einigen Feststoffen aus Biomasse, ist dieses
Argument richtig. Vergleicht man mit anderen Flüssigtreibstoffen,
wie zum Beispiel Bioethanol, ist das Argument falsch. Es
bleibt jedem einzelnen überlassen, ob er den Grünen
folgen will und im Bereich der Flüssigbrennstoffe auf
die energetische Nutzung von Biomasse verzichten will.
Gerade die jüngste Diskussion um die Versenkung der
Bohrplattform "Brent Spar" sollte zu denken
geben. Dabei lassen wir es einmal offen, ob der
Standpunkt von Greenpeace der richtige war, oder ob man
nicht dem Shell-Konzern und den Wissenschaftlern, die die
Versenkung als die ökologisch bessere Möglichkeit
bezeichnet haben, folgen soll. Hier bleibt nur der etwas
schale Beigeschmack, dass es letztlich mit den
Tankstellenpächtern den Bürger von nebenan getroffen
hat. Diejenigen, die dem Boykottaufruf gefolgt sind,
haben auch keine Opfer gebracht; sie haben woanders
getankt, ohne zu wissen, ob die Konkurrenz wirklich
umweltfreundlicher handelt als der Shell-Konzern. Alle
haben wir bei dieser Geschichte einiges dazugelernt. So
wissen wir jetzt, dass die Entlassung von mineralischem
Öl in das Meer ein normaler Vorgang zu sein scheint, und
dass die Ölplattformen gegen Algenbewuchs permanent mit
Algiziden behandelt werden, die toxologisch
problematischer sind als die meisten Herbizide.
-
- Das zweite Argument waren die von den Grünen behaupteten
hohen CO2-Minderungskosten. Dieses Argument
unterscheidet sich bei näherem Hinsehen von dem ersten
Argument nicht. Es ist sozusagen die andere Seite der
Medaille des Vergleichs mit der energetischen Nutzung von
Feststoffen aus Biomasse, die oftmals tatsächlich
effektiver ist. Damit wären wir also wieder bei der
Frage, ob man bei flüssigen Treibstoffen auf Biomasse
verzichten will. Wer die Sache wirklich durchrechnet, weiß,
dass die CO2-Minderungskosten hier kein
Gegenargument sein können. Wenn die Produktion von
Biodiesel auf Stilllegungsflächen erfolgt, sind diese
Kosten wirklich nicht hoch, strenggenommen geht es dabei
nur um die dem Staat entgangene Mineralölsteuer. Es geht
also eigentlich gar nicht um Kosten, sondern nur um
entgangene Steuereinnahmen, was ökologisch bestens zu
begründen ist.
-
- Das dritte Argument zielte auf die Abgaswerte bei
Biodiesel. So sei der Stickoxydausstoß bei Biodiesel
achtmal höher als bei mineralischem Dieselöl. Dieses
Argument mussten die Grünen zurücknehmen, denn tatsächlich
ist der Stickoxydausstoß nicht achtmal, sondern um acht
Prozent höher. Interessant ist dabei die Art der
Berichtigung durch die Grünen. Sie haben auch bei der
Berichtigung nicht darauf hingewiesen, dass dieser höhere
Stickoxydausstoß nur dann tatsächlich gegeben ist, wenn
Motoren auf mineralisches Dieselöl optimiert sind. Optimiert
man den Motor auf Biodiesel, entfällt das Argument völlig.
Außerdem haben die Grünen mit keinem Wort die große
Zahl der übrigen Abgaskomponenten erwähnt, die bei
Biodiesel sämtlich besser abschneiden. Dabei handelt es
sich größtenteils um weit größere Unterschiede als
beim Stickoxyd und um Stoffe, die zu den krebserzeugenden
Stoffen gehören wie die polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffe oder der Ruß, und deren Erwähnung
bei sachlich abgewogener Darstellung eine Selbstverständlichkeit
gewesen wäre.
Ein letztes Wort zur Energieeffizienz: Beim Rapsanbau hat
nicht nur das Öl einen Energiewert; aber selbst wenn man die
Betrachtung auf das Öl beschränkt, ist der Energieertrag
mehrfach so hoch wie der Energieaufwand. Nimmt man den
Energieaufwand der ganzen Rapspflanze, ist der Ertrag sieben- bis
zehnmal höher als der Aufwand.