Nr. 32 vom 12. August 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es ist nicht das erste Mal, dass der BUND Veröffentlichungen mit geringem Wahrheitsgehalt herausgibt. Jahrelang haben wir unter den einseitigen Polemiken gegen nachwachsender Rohstoffe zu leiden gehabt. Die jüngst ausgesprochene Empfehlung an die Urlauber in Schleswig-Holstein, nicht Nahrungsmittel aus konventionellem Anbau zu verzehren, um mit einem solchen Verzicht die Ostsee zu schützen, war auch eine so unhaltbare Geschichte. Und jetzt haben wir es in allen Blättern gelesen, angeblich komme von den 70 Mrd. DM ,die die EU aus ihrem Fördertopf für die Landwirtschaft ausgibt, nur jede fünfte Mark wirklich bei den Bauern an. Subventioniert würden vorrangig die verarbeitende Industrie, Exporteure und Händler, so hat es der selbsternannte Experte Hubert Weiger vom BUND unisono mit seinem "Expertenkollegen" Lutz Ribbe von Euronatur den Medien über Pressemitteilungen an die Hand gegeben.

Nun kann man sicherlich von einem Ochsen nicht mehr erwarten als gutes Fleisch, und nicht etwa, dass der Ochse eine Sinfonie komponiert. Der Skandal besteht darin, dass alle Zeitungen unkritisch den vom BUND verbreiteten Unfug abgedruckt haben.

Die wirklichen Zahlen kann jedermann auf Seite 167 des Agrarberichts der Bundesregierung nachlesen. Der vom BUND genannte Gesamtbetrag von mehr als 70 Mrd. DM stimmt noch. Tatsächlich sind es ungefähr 74 Mrd. DM, die die "Abteilung Garantie des EAGFL" 1995 ausgibt. Jede fünfte Mark davon wären 15 Mrd. Mark. Allein 15 Mrd. ECU aber, also das doppelte davon, machen die direkten Ausgleichszahlungen auf der Fläche aus. Das neue System der Flächenausgleichszahlungen ist zwar in der Landwirtschaft nicht besonders beliebt, aber mit falschen Zahlen untermauert die Landwirtschaft ihre Kritik an der EU-Agrarreform nicht, sondern mit handfesten Argumenten.

Also, über 40 Prozent fließen den Landwirten schon insoweit direkt zu. Direkt an die Bauern gehen aber auch große Teile des Betrages von 11 Mrd. DM, die unter dem Stichwort Rindfleisch auf der Seite 167 aufgeführt sind, nämlich in Form dessen, was in der Landwirtschaft Bullenprämie heißt. Gut 2 Mrd. stehen dort bei dem Stichwort Tabak. Für den BUND ist dies "eine Unterstützung der Tabakbranche". Gut, dieses Geld fließt der Tabakindustrie zu, es ermöglicht aber doch für viele Tabakanbauer den Anbau überhaupt, indem nämlich konkurrenzfähige Preise ermöglicht werden. Gleiches gilt für den Betrag, den die Chemische Industrie für die Verwendung von Zucker erhält. Dies ist doch nicht vorrangig eine Subvention der Chemischen Industrie, sondern ermöglicht die Verwendung von Zucker als nachwachsenden Rohstoff. Würde dieser Zucker nicht dort hinfliegen, gäbe es für ihn keinen Absatz.

Die Taktik des Vorgehens des BUND scheint klar zu sein: Man braucht eine reißerische Überschrift nach der Art "Nur jede fünfte Mark für die Bauern", damit die Sache von den Zeitungen genommen wird und man ganz nebenbei seine sonstigen Parolen verkaufen kann. Und die Ausgleichszahlungen an die Bauern werden madig gemacht, um sie irgendwann dem Naturschutz zuzuleiten. Zum Schluss finden wir dann noch den Satz des "Experten" Weiger, mit dem er bedauert, dass der Deutsche Bauernverband bisher nicht bereit sei, in einem Agrarbündnis mit den Umweltverbänden zusammenzuarbeiten. Die Bauern arbeiten vielerorts gut mit Ortsgruppen des BUND in praktischen Naturschutzprojekten zusammen. Vor einer Zusammenarbeit in agrarpolitischen Fragen kann man allerdings nur warnen.