Nr. 33 vom 19. August 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Qualität der in Deutschland hergestellten Nahrungsmittel war noch niemals so gut wie heute, und sie ist nirgends auf der Welt besser als bei uns. Das gilt für ca. ein Prozent unserer Nahrungsmittelerzeugung, das aus dem ökologischen Landbau stammt und für die übrigen 99 Prozent aus dem konventionellen Landbau gleichermaßen. Das heißt zwar nicht, dass nicht immer noch wieder etwas verbessert werden kann; es heißt aber, dass die von einigen immer wieder gestreuten Angriffe gegen das gute Image unserer Nahrungsmittel maßlos übertrieben sind.

Eine besonders schlimme Entgleisung in dieser Hinsicht leistete sich kürzlich der Europaabgeordnete der Grünen, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf. Er forderte eine gesetzliche Regelung, die vorschreibt, dass Babynahrung ausschließlich aus Produkten des ökologischen Landhaus hergestellt werden darf.

Wörtlich hat er hierzu öffentlich geäußert: "Die Bundesregierung muss in die EU eine entsprechende Initiative einbringen, um zu verhindern, dass die Gesundheit ihrer jüngsten Mitbürger aufs Spiel gesetzt wird. Die wiederholten Skandale um Pflanzenschutzmittel und andere Gifte in der Babynahrung müssen ein Ende finden", so Graefe. Das Schlimme an diesem Vorstoß ist nicht nur die völlig unqualifizierte und niederträchtige Verleumdung von 99 Prozent der deutschen Bauern, nein, eine solche geradezu primitive Vorgehensweise ist auch geeignet, alte, längst zugeschüttete Gräben wieder zu öffnen.

Es müsste sich eigentlich auch bis zu Graefe herumgesprochen haben, dass gerade bei der Nahrungsqualität die immer wieder behaupteten Qualitätsunterschiede zwischen konventionellem und ökologischem Landbau per Saldo nicht vorhanden sind.

Es gibt ökologische Vorteile des ökologischen Landbaus, die jedoch im Bereich der Artenvielfalt liegen. Diese Vorteile werden auch weithin anerkannt, und die früher teilweise verhärtete Diskussion zwischen den beiden Richtungen des Landbaus ist einem sachlichen Miteinander gewichen. Heute verbindet beide Richtungen das Ziel, jeder auf seinem Weg zu einer immer umweltverträglicheren Landwirtschaft zu kommen und gerade die Erfolge der letzten Jahre in dieser Hinsicht können sich sehen lassen.

Es wäre sehr schade, wenn durch den Vorstoß des Grünen-Europaabgeordneten wieder Fronten aufgebaut werden sollten. Denn, man muss sich einmal Klarheit darüber verschaffen, worauf Graefes Vorstoß hinausläuft: er verlagert die bisher freie Entscheidung des Konsumenten in den Bereich der Verbotspolitik und dies ohne jede vernünftige Begründung. Der Vorstoß zielt darauf ab, den Produkten des konventionellen Landhaus das Etikett umzuhängen "Für Babys nicht geeignet", vermutlich mit dem Ziel, der konventionellen Produktion und dem Image ihrer Produkte einen so schweren Schlag zu versetzen, dass auf diese Weise die Ausbreitungen des ökologischen Landbaus vorangetrieben wird. Dabei muss Graefe allerdings eines wissen: Wenn er sich 99 Prozent der deutschen Bauern zu Feinden macht, kann er nicht erwarten, dass sie ihm anschließend folgen. Graefe geht es offensichtlich darum, in der Öffentlichkeit bekannt zu werden. Und da er wissen muss, dass er sich fast alle Bauern auf diese Weise zu Feinden macht, scheint er die Bauern auch gar nicht als Adresse seines Vorstoßes anzusehen. Es geht ihm offensichtlich viel mehr um die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung, diese zusätzlich zu verunsichern und so sein grünes Süppchen zu kochen.

Man kann nur hoffen, dass er keines seiner beiden offensichtlichen Ziele erreicht, weder die zusätzliche Verunsicherung der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung noch ein erneutes Anheizen von Konfrontation zwischen ökologischen und konventionellen Bauern.