Nr. 50 vom 16. Dezember 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt die verschiedensten Mittel, die Überzeugungskraft eigener Aussagen zu erhöhen. Das beste Mittel ist zweifellos eine objektiv klare Sprache ohne Beiwerk und Umschweife.

Wirksamer, wenn auch manchmal an der Grenze der Redlichkeit, ist die Veränderung von Begriffen mit dem Ziel, dem Zuhörer unterschwellig eine bestimmte Meinung "unterzujubeln".

So nennen Studenten häufig ihre Versammlungen "Vollversammlungen", auch wenn der Kreis der Beteiligten nur klein ist und auch die Repräsentanz der jeweils vertretenen Studentengruppe nur klein ist. Dieser Begriff soll nach außen die Bedeutung der Veranstaltung höher darstellen. Ähnlich verhält es sich, wenn Menschen oder Gruppen von Menschen sich als "Basis" darstellen. Häufig entsteht diese Formulierung dann, wenn die Betreffenden sich schwer damit abfinden können, dass Entscheidungen oberhalb ihrer Ebene getroffen werden. Das Wort Basis soll suggerieren, dass die Betreffenden etwas tragen. In Wirklichkeit aber wird ihnen nur etwas übergestülpt.

Derartiger Umgang mit Begriffen geht auch in den Bereich der politischen Wertungen hinein. So war es erst jüngst bei Äußerungen eines Kieler Regierungsbeamten zu erleben, dass er innerhalb desselben Vortrages von der Bush-Administration und der Clinton-Regierung sprach. Es war nicht schwer zu raten, für welche der beiden hier angesprochenen politischen Parteien sein Herz schlug.

Besonders häufig findet man einen derartigen Umgang mit Begriffen auch in der Umweltdiskussion, allem voran bei der Verwendung des Wortes "Gift". Hier werden Stoffe zu Giften, bei denen nach unserem Sprachgebrauch von Giften überhaupt keine Rede sein kann. So gehören z. B. über 70 Prozent aller Pflanzenschutzmittel keiner Giftklasse an und werden doch fast immer und fast überall als Gifte bezeichnet. Geschmacklos wird es spätestens dann, wenn Hühnerställe mit Konzentrationslagern verglichen werden, in dem man von KZ-Hühnern spricht. Einer der ersten, die diesen Ausdruck in die Welt setzten, war Baldur Springmann, der mit dem Mittel der Verunglimpfung durch unpassende Begriffe meist nicht zimperlich war. Sehr schade war es, dass anlässlich der letzten Naturschutztage in Rendsburg auch die schleswig-holsteinische Umweltministerin davon sprach, der Naturschutz befinde sich in Schleswig-Holstein nur in einer Ghettosituation.