Nr. 12 vom 23. März 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die beiden schlimmsten Flutkatastrophen im Bewusstsein der Menschen Schleswig-Holsteins sind die von 1362 und die von 1634. Es hat darüber hinaus durchaus eine Handvoll vergleichbarer Sturmfluten gegeben, nach denen aber Menschen vorhanden waren, die die Deichlücken schlossen, als das Wasser abgelaufen war. Bei diesen anderen, heute in Vergessenheit geratenen Fluten, z.B. von 1530, 1717 und 1825, ging also nicht großflächig Land verloren. 1634 fehlten die Menschen wegen des Dreißigjährigen Krieges und 1362 wegen der Pest der vorhergehenden Jahre.

Die schwarze Pest hatte damals mehr als die Hälfte der Bevölkerung hinweggerafft und die Einwohnerschaft ganzer Dörfer ausgerottet. So und durch weitere Beispiele kann man sich die tiefverwurzelte Angst der Menschen in Deutschland vor der Pest erklären, und dies nicht nur in Deutschland. In anderen Ländern und anderen Sprachregionen ist es ebenso, dort hat die Krankheit jedoch andere Namen. Die Engländer beispielsweise nennen Sie "Plague" und eine Pestbeule heißt "Plague-Spot".

Im Englischen gibt es auch das Wort Pest. Hiermit ist in England aber nicht die für den Menschen tödliche Seuche gemeint, sondern es geht allgemein um seuchenhafte Plagen und um Schädlinge. Schädlingsbekämpfungsmittel heißen in England deswegen "Pesticide".

In Deutschland gibt es nun viele Menschen, die für Schädlingsbekämpfungsmittel oder allgemein für Pflanzenschutzmittel durch wörtliche Übernahme aus dem Englischen das Wort "Pestizide" verwenden. Im Bewusstsein der wenig sachkundigen breiten Bevölkerung ist damit die psychologische Verbindung zur Beulenpest oder zur schwarzen Pest zwangsläufig hergestellt.

Das Ergebnis ist eine unterschwellige Beeinflussung bei der Bewertung dieser Stoffe, die auf Grund eines Übersetzungsfehlers so bezeichnet werden. Die Mittel des chemischen Pflanzenschutzes heißen in England nun einmal nicht "Plaguecides", sondern, "Pesticides".

Bei einigen mag die ungenaue Übersetzung Gedankenlosigkeit oder Unkenntnis sein. Gefördert wird sie noch dadurch, dass Pflanzenschutzmittel im europäischen Recht, wenn es englisch formuliert ist, nun einmal "Pesticide" heißen. In den Händen derer jedoch, die ganz bewusst Kampagnen gegen den chemischen Pflanzenschutz betreiben, ist diese ungenaue Übersetzung und die immer wiederholte Verwendung des Begriffes "Pestizide" ein gezieltes Mittel, in bestimmten Bevölkerungskreisen ganz bestimmte Wirkungen zu erzielen. Man kann nur jedem, der an einer Versachlichung der Diskussion interessiert ist, deshalb empfehlen, konsequente Sprachsauberkeit zu wahren.