Nr. 13 vom 30. März 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In Deutschland leben gut 80 Mio. Menschen. Nun ist es nicht üblich, Einwohnerzahlen in Dungeinheiten anzugeben. Diesen Begriff aus der Viehhaltung wenden wir beim Menschen nicht an, obgleich es neben tierischen Fäkalien selbstverständlich auch menschliche Fäkalien gibt.

Im Bericht der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" zum Thema "Klimaschutz durch umweltgerechte Landwirtschaft und Erhalt der Wälder" war 1994 zu lesen, Ammoniakemissionen entständen fast ausschließlich in der Landwirtschaft. Aus dem Harnstoff der Tierfäkalien werde mikrobiell Ammonium gebildet, das teilweise als Ammoniak gasförmig entweiche. In der Sache ist alles richtig, bis auf das Wort "fast ausschließlich".

Wer einen solchen Unsinn verbreitet, muss es sich gefallen lassen, dass ihm die Menschen in Form von Dungeinheiten vorgerechnet werden. Es sind in Deutschland rund 12 Mio. Dungeinheiten neben ca. 15 Mio. Dungeinheiten in der landwirtschaftlichen Tierhaltung und knapp 1 Mio. Dungeinheiten bei den gefiederten und ungefiederten Lieblingen. Bleibt nur nachzutragen, dass die Wiederverwendung der Nährstoffe aus der Tierhaltung zum Zwecke der Düngung von Pflanzen weit besser funktioniert als bei den menschlichen Fäkalien und denen der gefiederten und ungefiederten Lieblinge.

Als vor eineinhalb Jahren der Bericht der Enquete-Kommission veröffentlicht wurde, gab es darüber in der Landwirtschaft nicht unerhebliche Verärgerung. Der Unfug mit dem "fast ausschließlich" stand nämlich in dem Werk keineswegs allein. Es gab damals viele Leserbriefe aus der Landwirtschaft, heftige Stellungnahmen des Deutschen Bauernverbandes und besonders seitens des hessischen Landesbauernverbandes, intensive Gespräche mit dem Vorsitzenden der Enquete-Kommission, dem CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Klaus Lippold aus Offenbach. Lippold konnte man zwar in einigen wichtigen Punkten durchaus von der Fehlerhaftigkeit des Berichtes überzeugen. Er war aber nun einmal in der Welt. Viele in der Landwirtschaft hatten damals die Hoffnung, der Enquete-Bericht würde nach einem kurzen Presserummel in den hinteren Regalen verschwinden. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt.

Wir müssen jetzt beobachten, dass der Enquete-Bericht bei den großen Umweltverbänden zum ständigen Arbeitsmaterial gehört. Eine wesentliche Quelle sei es, so hat es jüngst ein Vertreter des BUND geäußert. Dieser Vertreter war in seiner Meinung auch keineswegs zu erschüttern, als ihm vorgerechnet wurde, wie wenig landwirtschaftlicher Sachverstand bei der Abfassung dieses doch speziell zu Klimaschutz und Landwirtschaft abgefassten Werkes herangezogen worden ist. Die Enquete-Kommission konnte auf 26 Mitglieder und 13 weitere Mitwirkende zurückgreifen. Bei den beteiligten Abgeordneten wird man kaum die Grundlage für ein Werk mit dem Anspruch, eine wissenschaftliche Quelle zu sein, finden können. Unter den 13 Professoren, die daran mitwirkten, ist in landwirtschaftlichen Fachkreisen keiner bekannt, und die restlichen Mitwirkenden hatten mit einer Ausnahme sämtlich ebenfalls keine landwirtschaftliche Ausbildung. Wer diesem Werk landwirtschaftlich fachliche Kompetenz zumisst, kann die nur mit einem einzigen Teilnehmer dieser Runde begründen.

Bei diesem "Agrarfachmann" handelt es sich jedoch um denjenigen, den die Teilnehmer der letzten Veranstaltung "Landwirtschaft und Kirche" im Rendsburger Conventgarten noch gut in Erinnerung haben. Damals war unter den zahlreich anwesenden landwirtschaftlichen Fachleuten die übereinstimmende Meinung: Dieser Fachmann vertritt Auffassungen, die in landwirtschaftlichen Fachkreisen allenfalls als Außenseiterpositionen anerkannt werden könnten, viele von ihnen waren offensichtlich unhaltbar.