Nr. 22 vom 01. Juni 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Stickstoffgewinnung, wie Leguminosen sie betreiben, ist sehr populär und in der Meinung vieler Menschen, wie man heute sagt, positiv belegt. Dafür gibt es auch durchaus gute Gründe. Hier soll es heute um das Problem gehen, dass für die Stickstoffgewinnung mit Leguminosen häufig auch Argumente herhalten müssen, die nicht stichhaltig sind. Ein Vertreter des Umweltverbandes Robin Wood hat erst jüngst wieder ein solches Argument ins Feld geführt. Der ökologische Landbau sei umweltverträglich, weil er auf "Stickstoffzufuhr von außen" verzichte. Was ist von dieser Äußerung zu halten?

Es gibt für den Landbau nur drei mögliche Stickstoffquellen: Den Bodenvorrat, die Düngung und den Luftstickstoff (N2). Dabei gehört der Nitrat- und Ammoniumanteil des Niederschlags streng genommen zur Düngung. Schon insoweit verzichtet auch der ökologische Landbau nicht auf "Stickstoffzufuhr von außen", wobei man allerdings einräumen muss, dass er sich dagegen auch nicht wehren könnte, selbst, wenn er es gerne wollte. Um diesen Teil des Stickstoffs soll hier aber nicht gehen, sondern um den Luftstickstoff im engeren Sinne.

Es geht hier also um die 4/5 unserer Atemluft, die aus molekularem Stickstoff (ein Molekül aus zwei Stickstoffatomen - N2) bestehen und so nicht pflanzenverfügbar sind. Die beiden Stickstoffatome hängen so eng zusammen, dass sie erst unter Aufwendung von Energie voneinander getrennt werden müssen, um danach in eine pflanzenverfügbare Form überführt werden zu können. Als jüngst auf einer Veranstaltung im Segeberger Grünen Forum auf diesen

Umstand hingewiesen wurde, bezeichnete ein Vertreter des BUND den Hinweis als aberwitzig (Brockhaus: Aberwitz = Unverstand). Das ändert aber nichts daran, dass die Sache sich nach den naturwissenschaftlichen Regeln nun einmal so verhält. Der Unverstand lag also in diesem Fall bei dem, der es gerade anderen anheften wollte.

Wenn die Knöllchenbakterien der Leguminosen den Luftstickstoff in eine pflanzenverfügbare Form bringen, geht es dabei also ebenso um "Stickstoff von außen", und sie können es auch nicht ohne Energieaufwand. Nur der Weg ist kürzer, als wenn aus dem gleichen Luftstickstoff und ebenfalls unter Aufwendung von Energie in Stickstofffabriken Mineraldünger hergestellt wird, und darin steckt auch ein wichtiger Vorteil. Ohne Energie aber geht der Vorgang nun einmal nicht, wenn auch vielleicht mit etwas weniger. Die Knöllchenbakterien der Leguminosen beziehen die erforderliche Energie aus der in den Assimilaten der Pflanze gebundenen Sonnenenergie, was im Zweifel besser ist als Energie aus fossilen Brennstoffen.

Wenn der konventionellen Landwirtschaft vorgeworfen wird, sie sei zu energieaufwendig, meinen die Kritiker, wenn sie die Sache wirklich durchdacht haben, diesen Punkt. Die Menge der aufgewandten Energie können sie in berechtigter Weise kaum meinen, denn dafür ist der höhere Energieertrag bei höheren Biomasseerträgen Gegenargument genug, ein Umstand, der in anderem Zusammenhang an dieser Stelle bereits vor längerer Zeit erörtert wurde. Was sollte aus dieser Erkenntnis an Konsequenzen gezogen werden?

Eigentlich liegt es auf der Hand: Wir müssen durch die energetische Nutzung von Biomasse mindestens soviel an fossilen Brennstoffen ersetzen, wie für die Herstellung von mineralischen Stickstoffdüngern aufgewendet wird. Danach schließt sich selbstverständlich die Frage, ob das möglich wäre. Reichen die Mengen an entbehrlicher Biomasse dafür aus?

Es geht um den Brennwert von ca. 150 kg Heizöl auf jeden Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland, denn soviel ist energetisch erforderlich, um die Versorgung mit mineralischem Stickstoffdünger sicherzustellen. 150 kg Heizöl entsprechen im Brennwert knapp 4 dt Stroh. Wollte man das Problem allein mit energetischer Nutzung von Stroh lösen, bräuchte man von jedem Hektar Getreide nur 12 dt Stroh abzuzweigen (weil nur ein Drittel unserer landwirtschaftlichen Nutzfläche mit Getreide bebaut wird). Biogas aus Gülle, Knickholz, Rapsmethylester ... es gibt weitere Möglichkeiten. Wir können also nicht nur 150 kg Heizöl pro Hektar ersetzen, sondern ein Vielfaches davon.

Mengenmäßig ist es also kein Problem, und in Dänemark geschieht es auch inzwischen in großem Stil in der Praxis. Warum geht es in Dänemark so gut und bei uns nur in ersten bescheidenen Ansätzen? In Dänemark hat man die Lehren aus der ersten Ölkrise noch nicht vergessen, dort kostet das Heizöl gut 1 DM pro Liter!