Nr. 30 vom 27. Juli 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Vor 250 Jahren gab es auch in Schleswig-Holstein keine Knicks. Dieses in der Weit einmalige Landschaftselement wurde erst im Rahmen der Verkoppelung geschaffen, und zwar nach staatlichen Plänen von den Bauern.

Die Knicks wurden damals aus verschiedenen Gründen angelegt: Im fast völlig entwaldeten Schleswig-Holstein ging es einmal um die Produktion von Holz. Die Wälle und der Bewuchs auf ihnen wurden so angelegt, dass darüber hinaus in einer Zeit, in der es noch keinen Stacheldraht gab, das Vieh am Entlaufen gehindert wurde. Ja, der Hauptzweck unserer Knicks war damals die Grenzmarkierung.

Weitere positive Eigenschaften der Knicks wird man ebenfalls gesehen haben, unter anderem die Verhinderung der Winderosion. Der großen ökologischen Vorteile der Knicks wird man sich ansonsten damals kaum bewusst gewesen sein.

Mit dem Hauptzweck als Grenzmarkierung waren die Knicks nach Lage und Abmessung der Felder sehr wesentlich durch die damalige Agrarstruktur bestimmt. Die Knicks waren ein Wirtschaftselement, und bei Wirtschaftselementen ist es üblich, dass man sie ändert, wenn die Bestimmungsfaktoren sich ändern. Als in diesem Jahrhundert, und besonders in den fünfziger Jahren, sich die Agrarstruktur änderte, darüber hinaus der Wert des Holzertrages zurückging und auch das Vieh sich mit einfacheren Methoden bändigen ließ, hätte es eigentlich selbstverständlich sein können, dass auch das Knicknetz sich diesen Veränderungen anzupassen hatte. So sah man es auch lange Zeit, bis man sich der ökologischen Vorteile der Knicks bewusst wurde. Bis 1973 der verstärkte gesetzliche Schutz eingriff, ging das Knicknetz um 25 bis 30 Prozent zurück. Dies kann man bedauern. Jedes Bedauern ändert aber nichts daran, dass auch in seinen heutigen Abmessungen unser Knicknetz einmalig in der Welt ist und enorme ökologische Vorteile aufzuweisen hat.

Sie kennen den Unterschied zwischen dem Optimisten und dem Pessimisten, in dem für den Optimisten das Wasserglas halb voll ist und für den Pessimisten halb leer. Auch im Bezug auf die Bewertung unseres Knicknetzes gibt es solche Optimisten und Pessimisten. So war es neulich auf einer Diskussionsveranstaltung zu vernehmen: "Unsere Knicks sind in den fünfziger und sechziger Jahren um 30 Prozent zurückgegangen. Da die Hälfte aller Vogelgelege sich in den Knicks befindet, ist ein entsprechender Rückgang der Vogelgelege in Schleswig-Holstein zu beklagen."

Gehört man zu denjenigen, für die das Glas halb voll ist, sieht man auch die Sache mit dem Knick anders: Wenn heute die Hälfte aller Vogelgelege in Schleswig-Holstein sich in den Knicks befindet, hätten wir, wenn es die Knicks nicht gäbe, nur halb so viele Vogelgelege. Ist das nicht ein Grund, sich zu freuen und stolz zu sein? Besonders die Bauern, deren Vorfahren die Knicks geschaffen haben, die selbst wegen der Knicks auf einen Teil ihrer Erträge verzichten, und die Knicks auch noch kostenlos pflegen, haben allen Grund, die Sache so wie mit dem halb vollen Glas zu sehen.

Aber da ist auch wieder unser Pessimist: Die Knicks, und da hat er sicherlich Recht, sind nicht mehr so gut gepflegt wie in früheren Zeiten, als die Pflege mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden war. Wenn dieser Pessimist sich die Bezeichnung Naturschützer wirklich verdienen will - viele unserer Pessimisten bezeichnen sich unverdient so -, kann ihm freiwillige Knickpflege als Betätigungsfeld empfohlen werden. Bis zum nächsten Winter ist noch genügend Zeit, entsprechende Pläne zu machen und Kontakte zu einem Bauern zu knüpfen.