Nr. 37 vom 14. September 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte liegt in der Einsparung von Energie. Insbesondere dann, wenn die Kernenergie gesellschaftlich weiterhin so geächtet bleibt, wie es gegenwärtig der Fall ist, geht am Energiesparen auch überhaupt kein Weg vorbei. Jedermann weiß, dass heute der größte Teil der bei uns verbrauchten Energie aus fossilen Energieträgem stammt und dass diese nicht in unendlichen Mengen auf Erden vorhanden sind. Regenerative Energien werden dies niemals voll ersetzen können, eine Perspektive sind sie deshalb nur, wenn kräftig Energie gespart wird.

Ein interessantes Energiesparmodell hat man sich jetzt für unsere Schulen ausgedacht; die Lehrer waren eben schon immer besonders gute Umweltschützer. Das Modell sieht so aus: Wenn an einer Schule eine bestimmte Energiemenge gespart wird und damit auch Kosten in entsprechender Höhe, gibt der Schulträger der einzelnen Schule von dem ersparten Geld die Hälfte ab. Darüber darf die Schule frei verfügen.

Dabei darf man sicherlich davon ausgehen, dass die Mittel zur Verbesserung des Lernerfolgs der Kinder eingesetzt werden. Vielleicht stellt sich hier die Frage am Rande, ob bisher vom Schulträger nicht genügend Geld für einen optimalen Lernerfolg ausgegeben wurde; denn, wenn das der Fall wäre, bräuchte man keine zusätzlichen Mittel. Aber lassen wir diese Überlegung am Rande und wenden uns wieder dem Projekt selbst zu.

Die Autoren des Projekts nennen es "fifty- fifty", weil Schulträger und Schule den ökonomischen Vorteil des Energiesparens jeweils zu 50 % haben.

Das Interessanteste an diesem Projekt ist, dass es von seinen Autoren, von der gesamten Umweltszene und den Landesregierungen in Kiel und Hamburg als Innovation gefeiert wird. Neu aber ist die Idee nicht. In der gesamten Wirtschaft, von der Landwirtschaft über die Schwerindustrie bis hin zu den Bereichen Transport und Handel gilt das Prinzip des ökonomischen Anreizes schon immer.

Die Senkung von Kosten steht in den Gebetbüchern der Betriebswirtschaftler ganz obenan. Vergleicht man das schon immer praktizierte Verhalten der Wirtschaft mit dem fifty-fifty-Projekt, muss man allerdings sagen, die Wirtschaft praktiziert es hundred/zero.

Nein, in dieser Hinsicht braucht in der Wirtschaft niemand etwas von den Lehrern zu lernen. Die Lehrer haben das Rad in Form des ökonomischen Anreizes zum zweitenmal erfunden, aber leider nur fifty-fifty. Geht man mit ihnen etwas härter ins Gericht, kann man sie auch fragen: Warum haben sie dort, wo es offensichtlich möglich gewesen wäre, nicht schon längst Energie und Kosten gespart?