Nr. 40 vom 5. Oktober 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Wenn man einem Bauern durch Umweltauflagen die Konkurrenzfähigkeit nimmt, hat man es früher oder später nicht mehr mit ihm, sondern mit seinem Nachfolger zu tun. Diese ökonomisch uneingreifbare These müsste eigentlich auch jeden Umweltpolitiker und jeden Vertreter des sogenannten ehrenamtlichen Naturschutzes überzeugen.

Wettbewerbsverzerrungen aus Gründen des Umweltschutzes gibt es auf die vielfältigste Weise. So sind Landwirte, die ganz oder teilweise in Wasserschutzgebieten wirtschaften müssen, gegenüber den Berufskollegen außerhalb der Wasserschutzgebiete benachteiligt.

Wer gerade einen neuen Stall oder eine neue Scheune gebaut hat oder einen solchen Bau plant, kennt auch die Probleme, die es dabei gibt. Wenn man dann erfährt, dass in Dänemark eine große Halle acht Wochen nach der Entscheidung, sie zu bauen, fertig sein kann, und das wegen der geringeren Bauauflagen zu weit niedrigeren Kosten, fühlt man sich mit Recht benachteiligt. Wir könnten die Reihe der Beispiele endlos fortsetzen, von der höheren Viehdichte in den Niederlanden über die unterschiedliche Zulassungspraxis bei Pflanzenschutzmitteln bis hin zu den im Wert geminderten Vorrangflächen im Landschaftsplan.

Für Vertreter des Umweitschutzes, die der Flut dieser Beispiele gegenüberstehen, ist es eine unangenehme Erkenntnis, wenn sie gleichzeitig sehen, dass ihre ökologischen Wünsche nicht finanzierbar sind. Häufig ziehen solche Menschen sich in eine gedankliche Wagenburg zurück und vertreten die These: "Es gibt keine Wettbewerbsbeeinträchtigungen der Landwirtschaft aus Umweltgründen; die Gründe der Misere der Landwirtschaft liegen in der verfehlten Brüsseler Agrarpolitik und sonst nirgends." - Nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Wir haben sicherlich wenig Grund, die Brüsseler Agrarpolitik vor ihren Kritikern in Schutz zu nehmen. Im Gegenteil, gerade aus den Kreisen der Landwirtschaft unterliegt die Brüsseler Politik teilweise härtester berechtigter Kritik. Über die Wagenburg-These kann man sich aber gleichwohl wundern. Sicherlich würde es unseren Bauern besser gehen, wenn die Brüsseler Politik besser wäre, aber daran, dass neben den negativen Wirkungen der Agrarpolitik auch die Umweltpolitik unseren Bauern immer wieder zusetzt, kommt man doch wohl nicht vorbei.

Zur Klarstellung: Die Brüsseler Politik ist schlecht, kein Zweifel. Soweit sie aber alle Bauern in der EU auf gleiche Weise trifft, bringt sie innerhalb der EU zwar Probleme aber keine Wettbewerbsnachteile.

Nein, wenn wir von umweltbedingten Wettbewerbsnachteilen reden, meinen wir etwas anderes. Wir sprechen vom Landwirt im Wasserschutzgebiet im Verhältnis zu seinen Berufskollegen (= Wettbewerbern) außerhalb des Gebietes. Wir sprechen vom Landwirt in Schleswig-Holstein im Vergleich zu Landwirten in Bundesländern, deren Landesregierungen nicht immer meinen, eine Vorreiterrolle im Umweltschutz spielen zu müssen oder auf Kosten der Bauern sparen zu müssen. Wir sprechen aber auch von allen deutschen Landwirten im Vergleich zu Umweltstandards außerhalb Deutschlands.

Wir sprechen überhaupt nicht von der Misere der Landwirtschaft insgesamt, darin liegt das größte Missverständnis unserer Wagenburgdenker. Wir sprechen von einzelnen benachteiligten Landwirten bzw. von kleineren oder auch größeren Gruppen im Verhältnis zur Gesamtheit.

Zu dieser Problematik gehört auch der Streit über Wettbeeinflussungen durch Ausweisung bestimmter Schutzflächen. Selbstverständlich gibt es dabei neben wertmindernden Vorgängen gelegentlich auch werterhöhende. Aber, was hilft es einem Bauern, dessen Flächen entwertet wurden, wenn die Flächen seines Nachbarn wertvoller wurden. Im Gegenteil, durch das Glück seines Nachbarn ärgert er sich nicht nur einmal, sondern gleich zweimal.