Nr. 42 vom 19. Oktober 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es ist nicht etwa ein Gerücht. In der seriösen Zeitschrift "Entsorgungspraxis" war es unlängst nachzulesen, dass deutscher Kompost zum Beispiel nach Kuwait exportiert wird. Als Gründe für diese Aktivitäten werden von exportierenden Firmen "die allgemeinen Absatzschwierigkeiten in Deutschland" genannt. Die Zeitschrift gab auch einen guten Einblick in die Kalkulation der Kompostvermarkter.

Die Herstellungskosten für Komposte, so hieß es, würden über die Annahmegebühren abgedeckt. Liege der fertige Kompost vor, stünden die Erlöse also auf +-0. Alles, was danach eingenommen wird, dient also der Abdeckung der Vertriebskosten und dem Überschuss der Vermarkter. Ein sicheres Geschäft, so sollte man meinen.

Um die anschließende Vermarktung fertiger Komposte, so wird aber geklagt, sei es vielerorts schlecht bestellt. In der Landwirtschaft bestehe häufig kein Bedarf, weil "eine ausreichende Gülleproduktion vorliege oder Mineraldünger verwendet würde". Die Hausgärten in der Umgebung von Kompostwerken reichten als Abnehmer nicht aus. So kommt es denn zu so spektakulären Exporten, wie in den nahen Osten - eigentlich ein Skandal, eine so voluminöse Ware so weit zu transportieren. Am Rande: Um die Kalkulation der Kuwaitis brauchen wir uns keine Sorgen zu machen; wer mit entsalztem Meerwasser beregnet, hat auch das Geld, den Kompost aus Deutschland heranschaffen zu lassen.

Lesen wir weiter in der "Entsorgungspraxis". Als Ziel wird es von den Firmen bezeichnet, in die "existierenden Märkte von Gülle und Kunstdünger einzubrechen. Hierzu sei aber viel Zeit und eine Menge Überzeugungsarbeit notwendig."

Über den Preis müsste es eigentlich eine Kleinigkeit sein. Denn der zugekaufte Mineraldünger müsste über den Preis dieses Düngers eine brauchbare Bestimmungsgrundlage für den Preis des Kompostes sein, wenn es stimmt, dass nach der Fertigstellung der Erlös bei ± 0 steht.

Es ist in der Tat viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Zum Beispiel bei denen, die dafür verantwortlich sind, dass seit dem 7. Oktober die Sekundärrohstoffdünger Klärschlamm und Kompost in Deutschland überhaupt nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Man hat das Kreislaufwirtschaftsgesetz in Kraft treten lassen, ohne weitere dringende Änderungen von Verordnungen vorzunehmen, ohne die nun Klärschlamm und Kompost dort bleiben müssen, wo sie sind oder auf Grund von Einzelgenehmigungen gehandelt werden müssen.

Auf andere Politexperten, die schon länger zur Verunsicherung der Abnehmer beigetragen haben, wurde an dieser Stelle wiederholt hingewiesen, z. B. auf einen Umweltminister, der Klärschlamm nach Nordostpreußen transportieren wollte.

Einen weiteren aktuellen Fall von Widersprüchlichkeit in der Politik neben den Bonner Verordnungsgebern sollten wir allerdings noch erwähnen. Als der Kieler Umweltminister Rainder Steenblock, und dies in letzter Zeit wiederholt, auf sein Ziel der flächendeckenden Umstellung auf den ökologischen Landbau bis zum Jahr 2010 hinwies, hat er eine von zwei Tatsachen offensichtlich vergessen. Entweder vergaß er, dass es seine Landesregierung ist, die sich nachdrücklich für die landbauliche Nutzung von Klärschlamm und Kompost einsetzt; oder er weiß nicht, dass gerade in dem von ihm flächendeckend angestrebten ökologischen Landbau nach den dortigen Anbaurichtlinien der Einsatz von Klärschlamm verboten ist. Übrigens ein eigenartiges Phänomen, wo dort doch besonders viel von geschlossenen Stoffkreisläufen gesprochen wird.