Nr. 43 vom 26.10.1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Mehr als einhundertmal ging es an dieser Stelle schon um logische bzw. unlogische Vorgänge aus dem Bereich Landwirtschaft und Umwelt und aus Randbereichen dazu. Mancher wird sich fragen, wie es möglich ist, dass die Stoffhülle hier so groß ist, ja unerschöpflich zu sein scheint.

Die Antwort auf eine solche Frage ist relativ simpel: Es gibt handfeste Interessen, die darauf hinauslaufen, ein Versiegen der Katastrophendiskussion auf jeden Fall zu vermeiden. Mit erstaunlicher Offenheit wird dies in einer der jüngsten Ausgaben der Zeitschrift "Grünstift" zugegeben. Der Leitartikler Jörg Götting-Frosinski kokettiert geradezu damit.

Die Stiftung Naturschutz Berlin gibt diese Zeitschrift heraus, und man kann sie inzwischen auch an den Kiosken kaufen. Sie nennt sich das regionale Umweltmagazin für Berlin und Brandenburg.

Aus dem Heft Juli/August 1996 können wir folgendes entnehmen: Es heißt unter anderem "Schön, dass uns die Themen nicht ausgehen: So kann dann Greenpeace auch für den Zeitraum der vergangenen Monate eine ,positive Bilanz ziehen´ - in Bezug auf die ,Aktionen und Erfolge' der eigenen Organisation."

Greenpeace hatte kurz vorher mit falschen Behauptungen eine weltweite Diskussion um eine Ölplattform entfacht und auch die Kampagne über die französischen Kernwaffenversuche, so zweifelhaft sie auch immer gewesen sein mögen, wurde zu einer Greenpeace-Show. Dabei ging es um eine Show, die zu großen Teilen von starken Medienträgern gesponsert war. Die von der Zeitschrift "Grünstift" angesprochenen Erfolge waren also keine wirklichen Erfolge, jedenfalls nicht solche, bei denen von Erfolgen für die Umwelt gesprochen werden kann.

Der Erfolg besteht in diesen Fällen in der Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit, die dann in Nachfrage nach weiteren Medienerzeugnissen umgesetzt wird. Zugespitzt könnte man auch formulieren: "Die Akteure auf diesem Feld sind autark. Sie vermarkten nicht nur die Story; nein, sie machen auch die Story, einschließlich der ihr zu Grunde liegenden Fakten."

Gut, man kann dieser These entgegenhalten, dass es die französischen Kernwaffenversuche wirklich gab. Aber in den Berichten aus dem Südpazifik ging es doch kaum um diese Versuche selbst, sondern fast ausschließlich um die Aktionen von Greenpeace.

So wird man die Offenheit von Jörg Götting-Frosinski letztlich loben müssen, auch wenn er vermutlich auf ein solches Lob gar nicht aus war. Zum Schluss seines Leitartikels treibt er die Offenheit gar auf die Spitze: "Landwirtschaft und Verkehr, industrielle Produktion und Energiewirtschaft bleiben auch weiterhin die entscheidenden Themen der Umweltpolitik. Gut, dass der Dummheit auf diesen Gebieten noch keine Grenzen gesetzt sind. Wir wüssten ja bald nicht mehr, worüber wir schreiben sollten."

Nun wissen wir es, nämlich wo die Unerschöpflichkeit der Katastrophendiskussion herkommt! Sie besteht solange, wie der Dummheit keine Grenzen gesetzt sind. Gerade dies, der Dummheit Grenzen zu setzen, wäre die eigentliche Aufgabe der Medien. Aber kann man eine Erfüllung dieser Aufgabe erwarten, wenn sie den Medien nicht nützt, sondern schadet?