Nr. 44 vom 2. November 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In diesen Tagen werden die deutschen Verbraucher erstmalig Speiseöl erhalten, in dem auch Sojabohnen aus gentechnisch veränderten Pflanzen als Rohstoffgrundlage gedient haben. In jedem Sojaöl werden bald gewisse Mengen davon enthalten sein, weil in den USA, aus denen 60% unserer Sojaimporte stammen, keine separaten Vertriebswege für veränderte und herkömmliche Sojabohnen aufgebaut werden.

Da die Speiseöle aus veränderten Pflanzen chemisch identisch mit herkömmlichen Ölen sind, gibt es für die Verbraucher keinen Grund zur Skepsis gegenüber der Qualität dieses Nahrungsmittels. Und dennoch gibt es in bestimmten Zirkeln gegenwärtig eine heiße Diskussion. Immer wieder hört man etwas über angebliche Allergiegefahren. Hierauf waren wir an dieser Stelle schon früher eingegangen und hatten gezeigt , dass es sich dabei um eine Diskussion handelt, die sich ohne realen Hintergrund verselbständigt hatte. Noch einmal: Die veränderten Sojapflanzen tragen nicht das Gen von der Paranuss, über das so viel geredet wird; und die Speiseöle schon gar nicht, sie sind wirklich chemisch identisch mit herkömmlichen Ölen.

Nun gibt es auch in der deutschen Landwirtschaft die eine oder andere Stimme, die in den Chor der Skeptiker mit einstimmt. Dabei mag bei manchen der Hintergedanke mitschwingen, etwas für den deutschen Raps zu tun, wenn man das Sojaöl nur hinreichend in Misskredit bringt. Vor solchen Überlegungen kann nur gewarnt werden. Langfristig zahlt es sich niemals aus, sich an Kassandra - Diskussionen zu beteiligen, und schon gar nicht, wenn es wider besseres Wissen geschieht.

Über kurz oder lang wird es auch in Europa , vielleicht nicht zuerst in Deutschland, Speiseöl aus gentechnisch verändertem Raps aus heimischer Produktion geben. Spätestens dann wird es all denen leid tun, die sich leichtfertig an sachfremden Diskussionen beteiligt haben. Wir dürfen eines nicht aus dem Blickfeld verlieren: Im größten Teil der Welt wird über gentechnische Veränderungen an Nutzpflanzen anders gedacht als bei uns. Es gibt bei uns Akzeptanzdiskussionen , die in dieser Form woanders nicht mehr geführt werden. Die AGENDA 21, aus der Umweltminister Rainder Steenblock sogar die Zielsetzung einer flächendeckenden Umstellung auf den ökologischen Landbau herausgelesen haben will, äußert sich zu Fragen der Gentechnik auffallend positiv. In dieser Vereinbarung von 170 Staaten über nachhaltige Nutzungen in der Zukunft heißt es z.B. : "...Veränderungen des ...genetischen Materials in Pflanzen...,deren Ergebnis überaus nützliche Produkte ...sind." Und an anderer Stelle wird eine lange Reihe von konkreten Zielen aufgezählt, die mit diesem Instrument verfolgt werden wollen.

Klar machen müssen wir uns auch, wo der ökonomische Hintergrund der neuen Entwicklung liegt. Es geht u.a. um die Einsparung von Produktionskosten. Im Fall des jetzt auf den Markt drängenden Sojas ist es die Aussicht auf die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln, übrigens eines der Ziele der AGENDA 21. Bei dem bald in Europa zur Produktion gelangenden veränderten Raps wird es ebenso sein. Hier werden die Ziele der Kostensenkung in der Produktion und die Ziele des Umweltschutzes parallelisiert.

Wegen der Möglichkeit der Einsparung von Pflanzenschutzmitteln gibt es auch Skeptiker. Diese Menschen kann man in jeder Hinsicht beruhigen. Entweder sie irren sich, oder die von ihnen gehassten Pflanzen werden keinen Eingang in die Praxis finden. Denn, welchen Grund soll ein Landwirt haben, 25% mehr für das Saatgut aufzuwenden, wenn er auf der anderen Seite keine Kosten spart? Von höheren Ertragspotentialen ist nämlich nicht auszugehen, handelt es sich doch um Standardsorten, die nur in einem Gen verändert sind.