Nr. 45 vom 9. November 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Erst vor einem Vierteljahr haben wir uns an dieser Stelle mit der Problematik des zurückgegangenen Fleischverzehrs in Deutschland beschäftigt. Wenn wir uns an den Grundsatz halten, nicht nur über negative Dinge wie andere, sondern auch und vielleicht sogar zunehmend über positive Dinge zu schreiben, haben wir heute wieder Veranlassung, uns dem Thema des Fleischverzehrs zuzuwenden.

Leider können wir noch nicht melden, dass wieder so viel Fleisch gegessen wird, wie vor einigen Jahren. Nein, auf diese frohe Botschaft für die Fleischproduzenten unter unseren Landwirten werden wir wohl noch einige Zeit warten müssen.

Besserung zeichnet sich allerdings in dem Bereich ab, in dem bisher eine der Wurzeln des Übels zu sehen war, in der öffentlichen Berichterstattung. Zunehmend finden wir in letzter Zeit neben den Artikeln, die uns das Leben so schwer machen, auch Artikel, die sich kritisch mit den Folgen des Verzichts auf den Verzehr von Fleisch für die menschliche Gesundheit auseinandersetzen. So gab es in der Welt am Sonntag vom 13. Oktober 1996 sogar eine ausgesprochen einprägsame Überschrift:

"Vegetarische Kost der Mütter gefährdet Babys."

So war es diesmal in fetten Buchstaben zu lesen, noch nicht als Schlagzeile im Hauptbogen, aber immerhin. Im Text hieß es dann : "Rein vegetarische Ernährung der Mütter führt bei Säuglingen zu ernsten Entwicklungsstörungen, ergab eine Studie der Universitäts-Kinderklinik Tübingen."

Bei fünf Babys, deren Mütter sich seit Jahren ausschließlich vegetarisch ernährt hatten, stellten die Tübinger Ärzte eine Unterversorgung an Vitamin B12 fest. Die Kinder wiesen schwere Wachstumsstörungen und Blutarmut auf. So hieß es in dem Artikel der WamS weiter. Die Zeitung klärte dann auch über die Bedeutung des Vitamins B12 auf und gab Hinweise darauf, dass das Vitamin vor allem in tierischen Produkten enthalten ist .

Vitamin B12 hat die Funktion eines Reifefaktors der roten Blutkörperchen und ist Koenzym verschiedener biochemischer Reaktionen im Körper, und ....es kommt im roten Fleisch in besonders großen Mengen vor, während es in fleischloser Kost eben nur in geringen Mengen und bei weitem nicht in ausreichendem Maße enthalten ist.

Wohlgemerkt, die Vorteile des Fleischverzehrs erschöpfen sich nicht im Gehalt an Vitamin B12. Es gäbe weit mehr aufzuzählen, u.a. die Bedeutung essentieller Aminosäuren. Aber darum sollte es hier nicht gehen, nicht um eine vollständige Beschreibung aller Vorteile. Hier ging es um die Wiedergabe eines erfreulichen Zeitungsartikels, und das aus einem besonders weit verbreiteten Blatt mit hoher Auflage und einem Kreis von Lesern, die man durchaus zu den sogenannten Multiplikatoren zählen kann. Vielleicht ist dies schon mehr als nur der kleine Lichtschein vom Ende des Tunnels.

Es bleibt zu hoffen, dass die Tübinger Ärzte nicht nur das Ergebnis ihrer Untersuchungen veröffentlichten, sondern auch den verantwortungslosen Müttern ordentlich den Marsch geblasen haben. Wir würden uns hierfür eine Sprachregelung und Deutlichkeit wünschen, wie sie Ärzte seit langem bei Frauen zur Anwendung bringen, die während ihrer Schwangerschaft nicht auf Nikotin und Alkohol verzichten, und mit diesen Genussgiften ihre ungeborenen Babys schädigen.